Das Modellprojekt 'Sozialagenturen – Hilfe aus einer Hand'
Im Rahmen des BSHG führten seit der zweiten Hälfte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts Sozialhilfeträger verstärkt auf der Grundlage des Case Management-Ansatzes die aktivierende personenbezogene Unterstützung (arbeitsfähiger) Bedürftiger durch. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher Vorstellungen von Aktivierung und verschiedener lokaler Produktionsbedingungen entwickelten Sozialhilfeträger konzeptuelle Varianten der aktivierenden Unterstützung und implementierten sie. Mit der Schaffung des SGB II, dessen Grundverständnis von personenbezogener Unterstützung auf den Aktivierungsvorstellungen der Regierung Schröder aufruht, wurde die Ausrichtung der von den Grundsicherungsträgern zu erbringenden Unterstützung neu justiert. Im Rückblick zeigt sich, dass diese Ausrichtung bereits durch Novellierungen des BSHG und die Praxis von Sozialhilfeverwaltungen vorbereitet und befördert worden war.
Im Mittelpunkt dieser Studie steht die Untersuchung der Praxis der aktivierenden Unterstützung arbeitsfähiger Bedürftiger im Horizont des sich formierenden aktivierenden Sozialstaatskonzeptes der Regierung Schröder und dessen gesetzlicher Ausgestaltung. Hierfür wird das Modellprojekt ‚Sozialagenturen – Hilfe aus einer Hand' herangezogen, das ausgewählte Sozialhilfeträger in Nordrhein–Westfalen bei der Entwicklung, Implementierung und Erprobung von Aktivierungskonzepten, in denen die Unterstützung auf der Grundlage der Methode ‚Case Management' erbracht werden sollte, wissenschaftlich begleitete. Dieses Projekt eignet sich aus zwei Gründen besonders für den hier verfolgten Untersuchungzweck: zum einen bringt es die Entwicklung der Aktivierungsansätze für (arbeitsfähige) Bedürftige auf lokalstaatlicher Ebene und die hierzu gesammelten Erfahrungen mit der Neujustierung der personenbezoge-nen Unterstützung im deutschen Fürsorgesystem auf nationaler Ebene in Zusammenhang und betrachtet zum anderen unterschiedliche lokale Produktionsbedingungen der Erbringung von aktivierender Unterstützung. Im zweiten Teil der Studie wird in Bezug zu diesem Modellprojekt explorativ untersucht, inwieweit und in welcher Weise die Case Manager ausgewählter Sozialagenturen angestrebt haben, arbeitsfähige Bedürftige dabei zu unterstützen, ihre Eigenkräfte und ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation für die Bearbeitung primär erwerbsbezogener Problemsituationen einzusetzen.
Vor diesem Hintergrund wird in diesem Kapitel das Modellprojekt vorgestellt. Dabei wird zunächst der Zusammenhang des Projektes mit dem Prozess der Entwicklung einer neuen Vorstellung von personenbezogener Unterstützung arbeitsfähiger Bedürftiger und seiner gesetzlichen Ausgestaltung im Fürsorgesystem verdeutlicht (Abschnitt 4.1). Anschließend wird das Rahmenkonzept des Projektes beschrieben, innerhalb dessen die aktivierende Unterstützung zu erbringen war (Abschnitt 4.2).