Wofür werden die Flächen verwendet?
Von den Flächen, die verkauft oder durch Regierungen teilweise enteignet wurden, werden etwa 78 % für die landwirtschaftliche Produktion verwendet, wobei 75 % davon für den Anbau von Pflanzen zur Erzeugung von Bioethanol oder Diesel eingesetzt werden. Für die Lebensmittelproduktion sind dies dann gerade 11 %, wobei nicht vergessen werden darf, dass die meisten dieser Lebensmittel nicht im Land verbleiben. Die verbleibenden 22 % entfallen auf Mineralgewinnung, Industrie, Tourismus und Waldbewirtschaftung (Anseeuw et al. 2012). Afrika ist auch hier wieder Spitzenreiter, da hier 66 % der Flächen für Biospriterzeugung genutzt werden (Asien 52 %, Lateinamerika 35 %).
Weltweit sind, so der Bericht der Hilfsorganisation Oxfam (Deininger & Byerlee 2011b), seit 2001 227 Mio. Hektar Land an ausländische Investoren verpachtet oder verkauft worden – eine Fläche so groß wie Westeuropa. Wie viel Fläche es wirklich ist, lässt sich nicht genau feststellen, da viele Verkäufe nicht öffentlich gemacht wurden.
Äthiopien, eines der Länder, das bezüglich der Beurteilung der Ernährung seiner Bevölkerung ständig zwischen alarmierend und extrem alarmierend schwankt, hat bisher 8 Mio. Hektar Land verkauft. Analysiert man die Daten von Land Matrix hinsichtlich der Verwendung in Äthiopien, so wird schnell klar, dass dies die Lage der dortigen Kleinbauern und ihrer Familien keinesfalls verbessern kann. Bis zum Januar 2012 waren in Äthiopien 71 Landverträge bekannt geworden (Dunkelziffer?). Von diesen 71 Projekten (gesamte Fläche 8,5 Mio. Hektar) entfallen weniger als 3 % auf die Produktion von Lebensmitteln (Reis, Tee, Teff, Tomaten), 1,5 Mio. Hektar auf Biosprit vorwiegend Jatropha und – dies muss besonders zu denken geben – 4,5 Mio. Hektar auf Land, von dem nicht bekannt ist, was angebaut werden soll. Der Rest entfällt auf Getreide (das wahrscheinlich nicht im Land bleibt), Baumwolle und Ölsaaten sowie Blumen. Die „Einkäufer“, die die meisten Flächen erworben haben, sind Saudi-Arabien und Indien. Die USA, Großbritannien und die Niederlande haben für unterschiedliche Kulturen eher kleine Flächen aufgekauft (Versuchsstationen?).
Das Gulf Cooperation Council (GCC), ein Zusammenschluss von sechs Staaten (Bahrain, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate), hat die Nahrungsmittelproduktion nach Pakistan, den Sudan und andere Länder in Afrika und Asien ausgelagert. Kenia hat mit Katar einen Vertrag geschlossen, der vorsieht, dass auf dem Boden Kenias (40 000 ha) Obst und Gemüse angebaut werden, um dies dann nach Katar zu exportieren (IFPRI 2009). Letztlich lässt sich mit Flächen und nicht nur mit den daraus erzielbaren Erträgen auch trefflich spekulieren. Land erfüllt alle ökonomischen Voraussetzungen für Gewinne durch Spekulation: Die gesamte Fläche wird sich nicht wesentlich erweitern lassen, und täglich steigt der Bedarf nach Land, da die steigende Zahl von Menschen (200 000/Tag weltweit) von diesem Land ernährt werden will.