Grundsätze der Preisbildungsmechanismen

Abb. 2.6 Preisbildung im Merit-Order-Modell (eigene Darstellung)

eine nahezu preisunelastischen Nachfrage mit entsprechend steiler Nachfragekurve. Für den Verlauf der Angebotskurve wird unterstellt, dass dieser ausschließlich von den kurzfristigen Grenzkosten der Kraftwerke wie Brennstoffkosten und gegebenenfalls Kosten für CO2-Zertifikate abhängt. Dementsprechend ist die Bestimmung der Angebotskurve durch eine Aufreihung aller Kraftwerke mit ansteigenden Grenzkosten möglich. Diese Reihenfolge wird als Merit-Order bezeichnet und ist namensgebend für das Merit-Order-Modell. Der Gleichgewichtspreis p* ergibt sich im Modell, wie in Abb. 2.6 schematisch gezeigt, durch die Grenzkosten, des letzten, zur Befriedigung der Nachfrage eingesetzten Kraftwerks, dem sogenannten Grenzkraftwerk[1]. Die Schwankungen des Strompreises werden somit bei einem konstanten Kraftwerkspark im Merit-Order-Modell hauptsächlich durch Veränderungen der Nachfrage erklärt.

Die grundlegenden Preisstrukturen auf dem Strommarkt, wie z. B. die Differenz zwischen den Preisen werktags und am Wochenende, lassen sich mit dem MeritOrder-Modell gut nachbilden. In bestimmten Situationen können die modellierten Preise zu einzelnen Zeitpunkten jedoch von denen in der Realität deutlich abweichen. Grund hierfür ist, dass das Modell die intertemporalen Zusammenhänge beim Kraftwerkseinsatz [2] vernachlässigt. So fallen in der Realität beispielsweise zusätzlich zu den Brennstoffkosten einmalig An- und Abfahrkosten an. In einer Situation mit einem großen aber kurzen Nachfrageeinbruch lohnt es sich daher für einen Kraftwerksbetreiber häufig nicht, die Kraftwerke abzuschalten. Die kurzfristigen Grenzkosten liegen somit während des Nachfrageeinbruchs deutlich unter den Brennstoffkosten, unter Umständen sogar im negativen Bereich[3].Eine Modellierung der Preisbildung unter Berücksichtigung der intertemporalen Zusammenhänge ist mit Ansätzen, wie z. B. gemischt-ganzzahligen Optimierungsmodellen möglich[4].

Darstellung der verschiedenen Segmente des Großhandelsmarktes

Auf dem deutschen Strommarkt findet Handel mit Strom zwischen verschiedenen Marktparteien statt. Der Handel, der nicht den Verkauf von Strom an Endverbraucher zum Gegenstand hat, wird dabei als Großhandel verstanden[5]. Die Handelsgeschäfte, die auf dem Großmarkt getätigt werden, kann man anhand mehrerer Kriterien differenzieren [6]. So werden beispielsweise Kontrakte mit verschieden langen Lieferverpflichtungen oder verschiedenen Lieferstrukturen gehandelt. Zudem unterscheidet sich die Fristigkeit bis zum Beginn des Lieferzeitraums[7]. Ein weiteres Kriterium ist, ob ein Kontrakt eine physische Lieferung beinhaltet, oder ob es sich um ein rein finanzielles Produkt handelt.

Neben der Struktur der Handelsgeschäfte selbst, kann auch die Handelsform differenziert werden. Handel auf dem Großmarkt kann börslich oder außerbörslich (OTC) erfolgen. OTC Handel wird häufig bilateral oder über verschiedene lose organisierte Handelsplattformen und Broker ausgeführt. Durch die geringe Regulierung und Standardisierung ist eine hohe Flexibilität und eine Vielzahl unterschiedlich strukturierter Kontrakte möglich. Allerdings sind die OTC Märkte dadurch auch intransparent und bergen für die Teilnehmer hohe Transaktionsrisiken. Börslicher Handel ist nur für die am meisten nachgefragten Kontrakte möglich. Für diese bietet er jedoch eine hohe Transparenz, einfache Abwicklung und praktisch keine Transaktionsrisiken[8].

Anhand der genannten Kriterien ist eine Aufteilung des Großhandelsmarktes in verschiedene Segmente möglich. Im Folgenden werden die wichtigsten Segmente dargestellt: Terminmarkt, Spotmarkt und Intradaymarkt. Dabei wird ausschließlich auf die börslichen Strukturen eingegangen, da der Handel mit Strom aus EE hauptsächlich dort stattfindet und der börsliche Markt zudem ein guter Indikator für den OTC Markt ist.23

  • [1] Vgl. Schiffer (2010, S. 408 f.).
  • [2] Vgl. Andor u. a. (2010, S. 92).
  • [3] Vgl. Grimm et al. (2008, S. 155).
  • [4] Vgl. Genoese (2010, S. 85).
  • [5] Vgl. Genoese (2010, S. 30).
  • [6] Vgl. Konstantin (2006, S. 43) .
  • [7] Vgl. Schiffer (2010, S. 290).
  • [8] Vgl. Borchert et al. (2006, S. 13).
 
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