Häufige berufliche Konstellationen

In vielen Firmen besteht auch bei sehr gut qualifizierten und engagierten Mitarbeitern mit zunehmendem beruflichem Aufstieg eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass bei der nächsten zu vergebenden höheren Position ein anderer Mitbewerber den Vorzug erhält. Die mit diesem Erlebnis verbundene notwendige narzisstische Kränkung (also eine Kränkung im Selbstwertgefühl) des „unterlegenen“ Kollegen (Wettbewerbers) ist ein häufiger „Wetterwinkel“ für den Beginn eines allmählichen Burnout-Prozesses. Menschen, die wenig andere ausgleichende Lebensbereiche entwickelt haben, wie Familie, Freundeskreis usw., sondern den größten Teil ihrer Zeit in den Beruf investiert haben und hieraus auch in erster Linie ihr Selbstwertgefühl beziehen, sind hier besonders gefährdet. Und besonders gefährdet für seelische und/oder körperliche Erkrankungen sind Menschen, die mehrmals hintereinander solche berufliche „Niederlagen“ erleben müssen.

Haben Sie selbst schon einmal beobachtet, dass ein Kollege, nachdem er bei der erhofften Beförderung nicht berücksichtigt worden war, ein Burnout entwickelt hatte?

Erfahrungen aus der Tierforschung

Bei niederen Säugetieren, den Tupajas, die sozusagen „an der Wurzel der Säugetiere stehen“ (Zitat Professor von Holst), gibt es regelmäßig Kämpfe zwischen den männlichen Tieren um die Vorherrschaft in einem Revier. Das unterlegene Tier wird vom „Sieger“ anschließend oft nicht mehr beachtet und zieht sich meist zurück. Der bloße Anblick des Siegers durch den Besiegten führt bei Letzterem allerdings schon zu messbaren, negativen immunologischen Veränderungen, andersherum bewirkt der bloße Anblick des Besiegten beim Sieger positive biologische Effekte (Vortrag Professor von Holst, 5/2014). Selbstverständlich gibt es große Unterschiede innerhalb der Säugetiere, gerade und selbstverständlich zwischen Tupajas und Menschen.

Allerdings ist die Organisation und Funktionsweise gerade der niederen und basalen Strukturen im Gehirn, also Hirnstamm und limbisches System, mit deren Hilfe ein Großteil der biologischen Vorgänge im Körper (Blutdruck, Entzündung, Immunsystem, Stressregulation etc.) koordiniert werden, sehr ähnlich. Mit großer entsprechender Vorsicht soll hier nur darauf hingewiesen werden, dass es für den bei der Konkurrenz um eine Führungsposition Unterlegenen auch in Betrieben und Behörden oft besonders schwierig ist, mit der neuen Führungskraft konstruktiv umzugehen, und an dieser Stelle nicht selten Konflikte entstehen. Der immer wieder erforderliche Umgang mit dem bevorzugten Bewerber könnte aus dieser Perspektive chronischen Stress für den Betroffenen bedeuten. Das heißt nicht, dass der unterlegene Bewerber um die Führungsposition in einer Abteilung, in der er selbst arbeitet, dann automatisch die Abteilung wechseln sollte. Menschen haben zum Glück wesentlich differenziertere, gerade kognitive oder mentale Möglichkeiten, sich selbst innerseelisch zu stabilisieren. Es bedeutet aber schon, bei einer solchen Konstellation sowohl als Betroffener als auch als für eine solche Abteilung Verantwortlicher besonders aufmerksam zu beobachten, ob entsprechende Schwierigkeiten auftauchen und gegebenenfalls früh mit den Betroffenen zu sprechen bzw. aktiv nach einer Lösungsmöglichkeit zu suchen und bei klaren Konflikten nicht zu lange tatenlos zuzuwarten.

 
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