Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Februar 2009

Unmittelbar nach Verabschiedung der Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie hatte Irland unterstützt von der Slowakischen Republik den Europäischen Gerichtshof angerufen. Hintergrund der Klage war nicht, dass sich Irland generell gegen eine Vorratsdatenspeicherung wendete, sondern es eine weitergehende Vorratsdatenspeicherung umsetzen wollte. Es gründete die Klage auf Bedenken gegen die Wahl der Rechtsgrundlage (Art. 95 EGV (a.F.)). Gegenstand der Klage waren insofern rein formelle Rechtsfragen. Auf deren Prüfung beschränkte sich dann auch der Europäische Ge-

richtshof im Urteil vom 10. Februar 2009.914

Auch in der rechtswissenschaftlichen Diskussion war vielfach bestritten worden, dass mit Art. 95 EGV a.F. (jetzt Art. 114 AEUV) die korrekte Rechtsgrundlage gewählt worden sei.

Der Europäische Gerichtshof war jedoch anderer Ansicht. Das Gericht schloss sich im Urteil den Anträgen des Generalanwalts Bot an und stellte fest, dass sich die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarkts auswirken würden und der Erlass entsprechender Harmonisierungsvorschriften daher gerechtfertigt gewesen sei. Da sich die angegriffenen Regelungen vornehmlich mit der Tätigkeit der Dienstanbieter befassten und eben nicht den Zugriff der Polizei- und Justizbehörden auf die gesammelten Daten regelten, sei der Erlass der Regelungen aufgrund ihres überwiegenden Bezugs zum Binnenmarkt als Richtlinie auch geboten gewesen.

Das im Jahr 2006 ergangene Urteil zur Weitergabe von Fluggastdaten, in dem das Gericht Art. 95 EGV a.F. als untaugliche Rechtsgrundlage qualifiziert hatte, sei nicht einschlägig. Im Fall des Fluggastdaten-Abkommens sei wesentlicher Bezugspunkte des zugrundeliegenden Ratsbeschlusses die Übermittlung von Fluggastdaten aus den Buchungs- und Abfertigungssystemen der europäischen Fluggesellschaften an Sicherheitsbehörden in den USA gewesen. Anders im Fall der Vorratsdatenspeicherung: Hier sei allein die Tätigkeit der Dienstanbieter im Europäischen Binnenmarkt betroffen und es sei ausdrücklich keine Regelung zur Übermittlung der Daten an staatliche Stellen enthalten.

Das Urteil enttäuschte Kritiker der Vorratsdatenspeicherung, die sich eine umfassende Prüfung anhand der europäischen Grundrechte gewünscht hatten, weil sich das Gericht darauf beschränkt hat, allein die formellen Fragen zu prüfen. Dies ist jedoch nur konsequent, da Gegenstand der Klage letztlich nur formelle Fragen waren.

Nicht überzeugend ist jedoch die Annahme, die Richtlinie weise einen überwiegenden Bezug zum Binnenmarkt auf. Zwar sind von den Regelungen der Richtlinie die Telekommunikationsunternehmen betroffen. Die Richtlinie regelt aber gerade jene Punkte nicht, die Einfluss auf den Binnenmarkt haben, wie etwa die Frage der Kostenerstattung. Zudem wirkt die Begründung es handle sich um ein Instrument zur Harmonisierung vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Richtlinie, vorgeschoben. Auch wird rückblickend, so auch in der Evaluation der Umsetzung der Richtlinie, deutlich, dass die anvisierte Harmonisierung gerade nicht geglückt ist.

 
< Zurück   INHALT   Weiter >