Glykämische Last: Was bedeutet der Wert und warum ist er wichtig?
Wie stark ein Lebensmittel unseren Blutzucker beeinflusst, ist eines der wichtigsten Kriterien, um Nahrung zu beurteilen. Die sogenannte glykämische Last, kurz GL, liefert einen Wert, der es uns erlaubt, gesund von eher ungesund zu unterscheiden. Warum das so ist und wie Sie den GL-Wert berechnen.
Was mich in Gesprächen mit Patienten zuverlässig überrascht: Seit einigen Jahren wissen die meisten sehr genau über den sogenannten glykämischen Index (kurz: Gl) Bescheid - dank prominenter Diätkonzepte, die auf diesem Wert basieren, wie etwa der Glyx-Diät. Der Gl gibt an, wie schnell 50 Gramm Kohlenhydrate eines Lebensmittels den Blutzucker an- und wieder abfallen lassen - verglichen mit der Blutzuckerwirkung von 50 Gramm reiner Glukose. Die Skala reicht dabei von 0 bzw. „nicht berechenbar" für kohlenhydratfreie Lebensmittel (etwa Öl, Fleisch, Fisch, Kaffee oder Tee) bis zu 100 (Traubenzucker, eben Glukose). Je geringer der Gl, desto langsamer gehen die Kohlenhydrate ins Blut. Auf den ersten Blick wirkt das GI-Konzept schlüssig, doch auf den zweiten offenbart es einen entscheidenden Nachteil: Der Wert lässtaußer Acht, dass Lebensmittel bei gleicher Menge unterschiedlich viele Kohlenhydrate liefern. Das führt zu einer üblen Verzerrung: Pastinaken und Weißbrot beispielsweise haben den gleichen, sehr hohen Gl von 75 - doch das Gemüse liefert pro 100 Gramm nur 12 Gramm Kohlenhydrate, Baguette dagegen satte 50 (siehe rechts). Das bedeutet: Weißbrot beeinflusst den Blutzucker sehr viel stärker, als es Pastinaken tun.
Die glykämische Last ist der aussagekräftigste Wert
Wer allein den glykämischen Index zur Lebensmittelauswahl nutzt, vergleicht möglicherweise also ungewollt Äpfel mit Birnen. Deshalb rate ich wie alle Ernährungsmediziner dringend dazu, die sogenannte glykämische Last (GL) als Orientierungshilfe bei der Lebensmittelauswahl zu nutzen. Denn dieser Wert bezieht neben dem glykämischen Index auch die Kohlenhydratmenge mit ein, die ein Lebensmittel enthält. Und liefert damit einen Wert, der die Blutzuckerwirkung verschiedener Nahrungsmittel tatsächlich vergleichbar macht.
SO BERECHNEN SIE DIE GLYKÄMISCHE LAST
Für die GL eines Lebensmittels brauchen Sie dessen glykämischen Index (Gl) sowie die enthaltene Kohlenhydratmenge. Die Formel lautet:
Glykämische Last (GL) =
(Gl durch 100) x aufgenommene Kohlenhydratmenge
Für unser Beispiel „Pastinake versus Weißbrot" ergibt sich damit folgende Rechnung (bezogen auf eine Menge von jeweils 100 Gramm):
GL (100 Gramm Weißbrot) = (75/100) x 50 = 37,5 GL (100 Gramm Pastinaken) = (75/100) x 12 = 9
Wer nun noch den höheren GL-Wert durch den niedrigeren teilt, erfährt, wie viel von welchem Lebensmittel er für die gleiche Blutzuckerwirkung essen könnte. In unserem Beispiel führt das zu einem Wert von 4,12. Das heißt: Ich dürfte mehr als viermal so viel Pastinake essen wie Weißbrot, um den Blutzucker in gleichem Maß zu beeinflussen.
Als Faustregel gilt: Ein GL-Wert unter 10 ist super, einer zwischen 11 bis 19 gerade noch okay. Liegt der Wert bei 20 oder mehr, lässt ein Lebensmittel den Blutzucker Achterbahn fahren, wir sollten es also möglichst selten essen. Aber: Auch der GL dient nur der Orientierung - denn die Aufnahme von Fett und Protein kann die Blutzuckerwirkung von Nahrung verlangsamen.
Das bringt's für den Alltag: Wer sich die Mühe macht, einmal den GL-Wert ein paar seiner Lieblingslebensmittel zu berechnen, wird zu spannenden Erkenntnissen kommen. Diese können motivieren, sich gesünder zu ernähren. Ich beispielsweise nasche, wenn ich nicht anders kann, anstelle von Fruchtgummi nur noch Zartbitterschokolade mit mind. 70 Prozent Kakaoanteil. Denn die kommt auf einen GL-Wert von 12,5 -Fruchtgummi dagegen auf 57.