Die Bedeutung von Religion und Religiosität in der Identitätsentwicklung bei Erik H. Erikson
Für Erikson ist Religiosität ein essentieller Bestandteil der menschlichen Identität. Sie begründe das Urvertrauen: „Wer (also) behauptet, Religion zu haben, muss imstande sein, einen Glauben daraus zu entnehmen, den er seinen Kindern in der Form von Vertrauen weitergeben kann“ (Erikson, 1975, S. 75). Und „wer behauptet, keine Religion nötig zu haben, muss diesen Glauben aus anderen Quellen beziehen“ (ebd.). Peter Conzen führt in seiner Biographie über Erikson aus, „die Grundfunktion jeder Religion [sei es] (Erg. d. d. Verf.), die Kräfte von Urvertrauen und Hoffnung gerade in den Klippen und Krisen des Daseins zu stärken und dem Leben über die irdische Existenz hinaus einen Sinn zu verleihen“ (Conzen in: Lazar, 2007, S. 17).
Hans-Jürgen Fraas regt an,
„die erneute Diskussion mit und um Erikson könnte die Interdependenz zwischen psychischen/gesellschaftlichen und transzendentalen/religiösen Voraussetzungen des individuellen und gesellschaftlichen Vertrauens und ( ) einer Bewältigung der Vertrauenskrise neu zur Sprache bringen“ (Fraas, 2007, S. 15).
Eine Positionierung Eriksons, in der er eine wesentliche Qualität des Umgangs mit Religiosität aus mangelnder Reife der Menschen aus seiner Sicht pointiert, lautet: „wo die himmlische Instanz … ihre Überzeugungskraft verloren zu haben scheint“, neigen die Menschen „zu dem irrationalen Glauben an einen SuperPolizeichef auf Erden“ (Erikson, 1975, S. 205). D.h. aus seiner Sicht fehlt es den Menschen an Urvertrauen. Gleichzeitig kritisiert er die Religion, die den Menschen ihre „Kleinheit und Abhängigkeit ( ) in den Gesten der Erniedrigung und Unterwerfung“ (ebd., S. 74) aufzeigt, ihnen Buße abverlangt und vermittelt, dass nur ein „großer Versorger“ das „irdische Glück und seelisches Heil“ (ebd.) verleihen kann.