Was ist der optimale Schlaf?

Tja, obwohl wir alle meinen, wir wüssten, was ein guter Schlaf ist, sind sich die Schlafforscher da keinesfalls sicher. In einem Überblicksartikel zu dem Thema kommen zwei Forscherinnen zu folgendem Fazit: „Wir kommen zu dem Schluss, dass eine Definition des optimalen Schlafs komplex ist.“ [20] Es spielen viele Aspekte mit hinein. So ist die Dauer des Schlafs sicherlich ein wichtiger Aspekt, aber eben nicht der einzige. Zusätzlich sollten nicht zu viele längere Aufwachreaktionen den Schlaf unterbrechen. Aus diesen beiden Angaben wird häufig die sogenannte Schlafeffizienz berechnet. Die Schlafeffizienz ist ein Maß dafür, wie viel wir von der Zeit, die wir im Bett verbracht haben, tatsächlich geschlafen haben.

Schlafeffizienz (in %) = Schlafdauer x 100 * Bettliegezeit.

Eine Schlafeffizienz von 80 % heißt also, wir haben von den acht Stunden Bettliegezeit sechs Stunden und 24 Minuten geschlafen, eine Stunde und 36 Minuten waren wir wach. Diese Wachzeit verteilt sich auf die Zeit zum Einschlafen und Wachperioden innerhalb der Nacht. Eine Schlafeffizienz von 80 % oder größer gilt als guter Schlaf. Auch die amerikanische National Sleep Foundation (englisch: Nationale Schlafstiftung) betrachtet die Einschlafzeit, die Häufigkeit und Dauer der Wachphasen und somit die Schlafeffizienz als gute Kriterien für die Bestimmung der „objektiven“ Schlafqualität [21].

Doch die Schlafeffizienz beachtet nicht, in welchen Schlafstadien wir den Schlaf verbracht haben. So ist zu vermuten, dass wir einen besseren und erholsameren Schlaf haben, wenn wir viel Zeit im Tiefschlaf verbracht haben, als wenn wir hauptsächlich den mitteltiefen N2-Schlaf oder sogar nur den leichten Nl-Schlaf erreicht haben. Auch die Dauer des REM-Schlafs könnte eine Rolle spielen. Oder auch bestimmte Wechsel zwischen den Schlafphasen oder Wechsel von Erregungsphasen innerhalb des Nicht-REM-Schlafs könnten für einen guten Schlaf wichtig sein [22]. Aber was genau das optimale Verhältnis wäre, ist schwer zu sagen. Auch die Schlafforscher untereinander sind sich hier nicht einig. Es gibt wahrscheinlich einen großen Spielraum, was noch alles als „guter Schlaf“ zählt, ähnlich wie bei dem zeitlichen Spielraum der empfohlenen Schlafdauer. Insofern wird als optimaler Schlaf meistens der Schlaf herangezogen, den die meisten gesunden Menschen in einem vergleichbaren Alter im Durchschnitt haben.

Somit hätte also ein optimaler Schlaf die empfohlene Dauer von sieben bis neun Stunden für erwachsene Personen (siehe Frage Wie lange sollte ich schlafen? in Kapitel 1). Der optimale Schlaf ist wenig „fragmentiert“, hat also keine oder wenig lange Wachphasen. Kurze Wachphasen, an die wir uns meist nicht erinnern, können dagegen auftreten. Da Anzahl und Dauer der Wachphasen mit dem Lebensalter ansteigen, sollten die Wachphasen mit dem Auftreten in der jeweiligen Altersgruppe verglichen werden. Die Schlafzyklen sollten „normal“ sein, der REM-Schlaf sollte also beispielsweise nicht zu früh während der Schlafzeit auftreten. Für einen optimalen Schlaf sollten Schlafstörungen, wie Atemprobleme, nicht auftreten. Ich würde zusätzlich sagen, dass der optimale Schlaf möglichst viel Tiefschlaf enthalten sollte (angepasst an das Alter der Person), da dieser mit vielen wichtigen Funktionen des Schlafs wie z. B. der Erholungsfunktion, dem Immunsystem und unserem Gedächtnis in Zusammenhang gebracht wird.

Allerdings könnte es auch sein, dass es gar nicht den einen optimalen Schlaf gibt, sondern dass je nach gewünschter Funktion unterschiedliche Schlafphasen „optimiert“ werden müssten: Wenn die Gedächtnisbildung und das Immunsystem stark vom Tiefschlaf profitieren, dann wäre für eine bessere Immunabwehr oder eine bessere Gedächtnisbildung sicherlich mehr Tiefschlaf vorteilhaft. Emotionale Prozesse könnten aber z. B. von mehr REM-Schlaf profitieren. Für diese Funktion wäre dann ein Mehr an REM-Schlaf wünschenswert. Obwohl natürlich die einfache Rechnung „mehr ist besser“ nicht immer zutreffen muss.

Die genaue Definition eines optimalen Schlafs ist also schwierig und hängt wahrscheinlich davon ab, welches Ziel erreicht werden soll. Wenn es zum Beispiel darum geht, die generelle Lebenszufriedenheit und allgemeine Gesundheit zu erhöhen, dann ist Schlaf natürlich nur eine Komponente. Es spielt auch eine wichtige Rolle, wie wir unsere Wachheit verbringen. Neuere Vorschläge sehen deshalb den Schlaf als komplexen Zustand innerhalb unseres 24-Stunden-Tages [23]. Der optimale Schlaf für unsere Lebenszufriedenheit und Gesundheit würde dann nicht einfach eine bestimmte Länge („Du musst pro Nacht acht Stunden schlafen!“) oder eine bestimmte Tiefe haben, sondern wäre gut eingebettet in andere gesundheitsfördernde Faktoren, wie Bewegung, Ernährung und Aufrechterhaltung sozialer Beziehungen. Insofern kann es unter Umständen „gesünder“ sein, eine Nacht einmal weniger zu schlafen, um einen schönen Abend mit Freunden zu verbringen.

 
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