Analyse der Interviews

Nachdem die mitgeschnittenen Interviews transkribiert worden sind, folgte als ein erster Analyseschritt in der Auswertungsmethode, wie sie Fritz Schütze entwickelt hat, die Segmentierung des Textes. Anschließend wurde die strukturelle Beschreibung durchgeführt, bei der zwischen inhaltlicher und formaler Textstruktur unterschieden wird. Es werden inhaltliche, in sich abgeschlossene Texteinheiten, sogenannte Segmente, herausgearbeitet, die formal durch sogenannte Rahmenschaltelemente eingegrenzt werden, d.h. es folgt eine Art Ankündigung eines bestimmten Themas, die Durchführung und auch der Abschluss desselben (vgl. Glinka, 2008, S. 14).

Birgit Griese differenziert den Aufbau der Segmente noch weiter. Sie beschreibt den Aufbau dieser Texteinheiten folgendermaßen:

„– Anfang, Orientierung, Relevanzfestlegung

– Mitte, Komplikation, Detaillierung

– Schluss, Auflösung, Gestaltschließung chronologisch aufsteigend“ (Griese, 2009, S. 340) [1].

Dabei sind vor allem die Texteinheiten für die Analyse relevant, die der Textsorte des Erzählens zugeordnet warden [2]. In ihnen bildet sich die eigentliche Stegreiferzählung ab. Die Erzählerin gerät in einen sich verdichtenden Erzählablauf. Durch die Stegreiferzählung wird ein Erzählfluss in Gang gesetzt, „der eine viel stärkere Nähe zur damals erlebten – nicht einer vermeintlich wirklichen – Vergangenheit ermöglicht als bei kontrollierteren Formen der biographischen Selbstpräsentation“ (Rosenthal, 2010, S. 200; kurs. i. Orig.). Nach Schütze stellen sich in dieser Nähe oder Verdichtung sogenannte Zugzwänge des Erzählens ein (vgl. Schütze 1984, S. 78f). Damit sind Ordnungsprinzipien gemeint, die sich im Rahmen der „wiedererinnerten lebensgeschichtlichen Erfahrungsaufschichtung“ (ebd., S. 79) abbilden und sich „zumindest partiell auf die Veränderungen des Selbst des Erzählers als Biographieträger“ (ebd., S. 82; kurs. i. Orig.) beziehen. Die Ordnungsprinzipien bezeichnet Schütze als „Kognitive Figuren“ (ebd., S.83ff). Dazu zählen:

§ Biographieträger, andere Ereignisträger und (ihre) sozialen Beziehungen

§ Erfahrungsund Ereigniskette

§ Soziale Rahmungen wie Situationen, Lebensmilieus und soziale Welten

§ Die Gesamtgestalt der Lebensgeschichte (vgl. Schütze, 1984).

Für die Analyse der Interviews ist wesentlich in diesem Zusammenhang „die Erfahrungshaltung, die der Biographieträger den Ereignisabläufen gegenüber einnimmt“ (ebd., S. 92). Der sich anschließende Abschnitt stellt diese Prozessstrukturen differenziert vor.

  • [1] Dieser strukturelle Aufbau gilt ebenso für die gesamte Haupterzählung in einer autobiographischen Stegreiferzählung
  • [2] Weitere Textsorten sind Beschreiben/Berichten und Argumentieren (vgl. ausführlich Glinka, 2008, S. 11f und Griese, 2009, S. 345ff).
 
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