Was meinte man mit «Rassenschande»?

Seit dem Erlass der sogenannten Nürnberger Gesetze im September 1935 stand in Deutschland der außereheliche Geschlechtsverkehr zwischen Juden bzw. Jüdinnen und «Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes», wie es im Gesetz heißt, unter Strafe. Mit dem «Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre» drohte dem Mann bei Verstoß dagegen eine Gefängnis- oder Zuchthausstrafe, während eine Bestrafung der Frau nicht vorgesehen war, in der Praxis aber durch den Vorwurf der Begünstigung oder gegebenenfalls des Meineids oft unterlaufen wurde. Insgesamt wurden über 2200 Männer wegen «Rassenschande» verurteilt. Die meisten Verfahren hatten ihren Ursprung in einer Denunziation. In der Praxis wurde der Vorwurf der «Rassenschande» auf intime Beziehungen mit Sinti und Roma oder mit Schwarzen ausgeweitet.

Das Gesetz verschärfte die ohnehin schon durch Verordnungen und abseits davon von der Gesellschaft betriebene Isolation der jüdischen Bevölkerung. Es griff Bestrebungen antisemitischer Scharfmacher auf, die in vielen Orten in den Monaten zuvor gegen Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden lautstark mobilgemacht hatten. Immer wieder wurden Paare öffentlich denunziert, gedemü-tigt und wüst beschimpft bis hin zu wöchentlichen Prangerumzügen wie in Breslau, wo man auch die Namen solcher Paare regelmäßig in Listen veröffentlichte. Begleitet und orchestriert wurde das weitverbreitete Treiben der Radau-Antisemiten von Julius Streicher und seiner Hetzzeitung «Der Stürmer», die geifernden Voyeurismus mit vulgärem Judenhass vermischte und ihre Leserschaft fortgesetzt zu Hass und Gewalt anstachelte.

 
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