PALLIATIVE CARE ALS PROZESS UND NICHT ALS HANDLUNGSKETTE

Nachdem wir im ersten Kapitel beim ersten Grundsatz der Palliative Care begonnen haben, spielen in diesem Kapitel die Integration von psychischen Bedürfnissen der Patienten, der Angehörigen und des Behandlungsteams bei der Begleitung eine Rolle.

Frage: Was sollte man über die Bedürfnisse wissen?

Wir sind darauf angewiesen, dass uns mit Respekt begegnet wird; dass uns Würde gegeben wird.37 Gerade wenn es uns nicht gut geht, brauchen wir diese besondere Anerkennung. Wenn wir von anderen Menschen abhängig werden, weil wir durch eine Erkrankung so geschwächt sind, dass unsere Selbstversorgung nicht mehr ausreicht, wird dieser Bedarf lebenswichtig. In dieser Lebenssituation kommt es nicht allein darauf an, »unseren Hunger zu stillen«, sondern uns zu verdeutlichen, dass wir als Person gesehen und wahrgenommen werden.

Die Bedürfnispyramide des amerikanischen Psychologen Abraham Maslow ist eine Orientierungshilfe. Maslow gliederte die Pyramide in fünf Stufen.

1. Physiologische Bedürfnisse

Die Basis der Pyramide bilden die physiologischen Prozesse, die dem Überleben bzw. der Homöostase des menschlichen Organismus dienen: Nahrung, Schlaf, Bewegung, Ruhe, Entspannung, Wärme und nicht zuletzt Schmerzlinderung. Wo physiologische Bedürfnisse akut gefährdet werden, können sie zum Hauptanliegen des Betroffenen werden.

2. Bedürfnis nach Sicherheit

Es das Bedürfnis, Bedrohung oder Gefahr zu vermeiden. Es drückt das Verlangen nach Zuverlässigkeit und Vertrauen aus. Wo Ordnung und Sicherheit fehlen, wird die Befriedigung des Sicherheitsbedürfnisses an erster Stelle stehen. Ist dieses Bedürfnis befriedigt, kann der Mensch sich Neuem, Unbekanntem zuwenden.

3. Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe

Manchmal wird auch von »sozialen Bedürfnissen« gesprochen. Es ist das Bedürfnis, zu lieben und geliebt zu werden, das Verlangen nach Anschluss und Geselligkeit; der Wunsch, Menschen um sich zu haben, Freundschaften zu schließen, Verbindungen herzustellen und aufrechtzuerhalten.

4. Bedürfnis nach Wertschätzung, Achtung, Respekt

Manchmal wird auch von »Anerkennungsbedürfnis« gesprochen. Es ist ein Verlangen nach Respekt von anderen Menschen, nach Status oder Prestige innerhalb der sozialen Gruppe. Maslow erwähnt hier auch die Selbstachtung, die für ihn wichtiger als die Fremdachtung ist.

5. Bedürfnis nach Selbstverwirklichung

Das Bedürfnis, das zu tun, was der Einzelne als richtig und gut empfindet, die eigenen Entscheidungen zu treffen. Der Begriff »Selbstverwirklichung« verbindet die Vorstellung, dass sich alle Motivationen auf die Selbstentfaltung hin ausrichten, d. h. auf das Bedürfnis, sich zu erhalten und etwas zu gestalten.38

Obwohl die Bedürfnispyramide auch Kritiker hat, besonders wenn sie als starres Regelwerk betrachtet wird, kann sie als Orientierung dienen. Für die Palliative Care ist sie gerade hinsichtlich des Bedürfnisses nach Selbstbestimmung bzw. unter dem Aspekt der Selbstverwirklichung hilfreich.

 
Quelle
< Zurück   INHALT   Quelle   Weiter >