Was erwarten die Menschen von Ordensmitgliedern?

Für viele Mitglieder unserer durch raschen Wandel geprägten Gesellschaft sind die Ordensleute ein Zeichen für Beständigkeit. Seit Jahrhunderten leben sie nach ähnlichen Riten an denselben Orten. Und auch in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten werden sie an diesen Plätzen für ihre Mitmenschen da sein. Diese Beständigkeit ist auch ein Zeichen von Verlässlichkeit. Ein wesentliches Merkmal der Nonnen und Mönche ist ihre Authentizität. Sie stehen zu ihrer Lebensform und dokumentieren dies auch nach außen, unter anderem durch ihre Ordenstracht. Sie nehmen die Menschen ernst und geben vielen durch ihr Lebenskonzept und ihre Lebenserfahrung Orientierung.

Sind Ordensleute die besseren Seelsorger und Ratgeber?

Ordensleute haben vielfach ähnliche Probleme wie Menschen außerhalb der Klostennauem. Sie müssen sich in ihren Lebensgemeinschaften auch mit den Mitschwestern beziehungsweise Mitbrüdem auseinandersetzen und miteinander um eine ausgeglichene Beziehung ringen. Sie müssen ihr eigenes Verhalten reflektieren und den Umgang mit anderen ständig hinterfragen. Auch hinter Klostennauem herrscht nicht eitel Sonnenschein. Andererseits haben die Ordensleute durch ihre Lebensfonn eine gewisse Distanz zu unserer Welt, betrachten sie sozusagen von außen und sehen dabei unter Umständen Dinge, die wir aus dem Blick verloren haben. Die Ruhe- und Gebetszeiten sind ja auch dazu da, Abstand zu bekommen zu den Anforderungen des Alltags und nicht aus der Balance zu geraten. Im Gebet, in der Zwiesprache mit Gott, suchen sie immer wieder nach Zeichen und Impulsen, die sie an andere Menschen weitergeben können. «Wir sind sicherlich nicht bessere Ratgeber, aber wir nehmen die Menschen ernst», sagt Pater Aurelian, der Prior des Klosters Jakobsberg bei Bingen. Die Kombination aus Nähe zu den Menschen und Distanz zu unserem Leben macht viele Ordensleute heute zu gefragten Ratgebern.

Wie wird die Klosterkultur nach außen getragen?

Die Klosterkultur wird gerade in den letzten zehn Jahren viel offensiver als früher nach außen dokumentiert. Ordensleute gehen auf die Menschen zu, öffnen die Klosterpforten, nehmen Gäste auf, bauen Gästehäuser und lassen die Menschen an ihrem Leben teilhaben. Die moderne Klosterarchitektur ist vielfach ein Zeichen für diese zunehmende Offenheit. Ein gutes Beispiel dafür ist die Architektur der Benediktinerabtei Königsmünster in Meschede, die durch breite Glasfronten von außen Einblick in die klösterlichen Gebäude erlaubt und gleichzeitig von innen den Blick in die Weite ermöglicht. Durch diesen Bau wird deutlich gemacht, dass sich die Klostergemeinschaft nicht von der Außenwelt abschottet, wie dies bei den ummauerten Bauten früherer Jahrhunderte der Fall war. In eigenen Bildungshäusern veranstalten Ordensleute Kurse, um Klostertraditionen und -kultur zu vermitteln.

Um Aufmerksamkeit zu erringen, greifen Nonnen und Mönche auch zu populären Marketingmaßnahmen. Ein Beispiel dafür sind die Klostermärkte, auf denen eigene Produkte angeboten werden, und die eine große Anziehungskraft haben. «Die Klosterprodukte stehen in den Augen vieler Menschen für Qualität, weil sie schon seit Jahrhunderten in der gleichen Art und Weise hergestellt wurden», sagte mir einmal ein Ordensmann, der verantwortlich war für die Organisation des Klostermarkts in der Erzabtei St. Ottilien. So manches Kloster hat auch einen Klosterladen eröffnet, in dem es Ordensprodukte anbietet. Als Beispiele seien hier die Benediktinerinnen im Hildegard-Kloster Eibingen genannt oder die Zisterzienserinnen in der Abtei Waldsassen.

Ein schon seit Jahrhunderten in Klöstern praktiziertes Marketinginstrument sind klostereigene Verlage, die sich mit ihren Publikationen an eine breitere Öffentlichkeit wenden. Stellvertretend für andere kann man hier den Vier-Türme-Verlag der Abtei Münsterschwarzach oder den EOS-Verlag von Sankt Ottilien nennen.

Wie nutzen Orden die modernen Medien?

Heute ist es Standard, dass Klöster sich auf eigenen Websites präsentieren. Dass Ordensleute zu Gast in Hörfunksendungen sind oder diese auch gelegentlich moderieren, ist nichts Außergewöhnliches mehl'. Filmproduktionen werden von Klöstern in Auftrag gegeben und auf katholischen Privatsendern ausgestrahlt. Aber nicht nur auf diesen Nischenkanälen wird über Orden berichtet, sondern auch in den großen öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten. Dabei gibt es unter den Ordensleuten sogar einige «Medienstars». Der Kapuzinerbruder Paulus Terwitte hat seit April 2002 eine eigene, wöchentlich ausgestrahlte Talksendung auf N24. Unter dem vielsagenden Titel «Um Gottes Willen» nutzt er ein modernes Kommunikationsmedium, um Glaubensakquise zu betreiben. Selbstverständlich twittert er auch und ist auf Facebook zu finden. Eloquente Ordensleute sind gerngesehene Gäste in Talkshows, Abtprimas Notker Wolf ist dabei besonders gefragt. Aber auch der Bestsellerautor Pater Anselm Grün ist gelegentlich auf dem Bildschirm zu sehen. Moderne Ordensleute haben keine Scheu vor aktuellen Kommunikationsmitteln, im Gegenteil: Sie sehen diese als Chance, auch Zielgruppen anzusprechen, die nicht zur ureigenen Klientel von Klöstern gehören. «Ich habe den Eindruck, dass Ordensleute mit ihren Themen in Hörfunk und Fernsehen nah beim Menschen sind», sagte mir der Benediktinerpater Aurelian Feser.

 
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