Ehelosigkeit: Ein unüberwindbares Problem in unserer Zeit?
Zu den bekanntesten Ordensgelübden gehört die ehelose Keuschheit. Mit diesem Versprechen machen die Ordensleute deutlich, dass sie die Lebensweise Jesu Christi nachahmen möchten. Der dauernde und bewusst eingegangene Verzicht auf Sexualität, Partnerschaft und Ehe soll dem einzelnen Ordensmitglied die Freiheit geben, seine ganze Zeit und Kraft dem Dienst an Gott zu widmen. «Der Unverheiratete sorgt sich um die Sache des Herrn, er will dem Herrn gefallen. Der Verheiratete sorgt sich um die Dinge der Welt, er will seiner Frau gefallen.» (IKor. 7, 32f.)
Den Zölibat (von lateinisch coelebs = allein, unverheiratet lebend) gibt es außer in der römisch-katholischen Kirche auch in der orthodoxen und anglikanischen Kirche für Ordensmänner und -frauen. Bereits seit etwa dem vierten Jahrhundert nach Christus gab es die Tradition des Enthaltsamkeitszölibats, das Priestern erlaubte, verheiratet zu sein, aber enthaltsam zu leben. Papst Benedikt VIII. ordnete 1022 auf der Synode von Pavia an, dass alle Geistlichen von nun an nicht mehl' heiraten durften.
Offizieller Grund war, dass es für Priester üblich wurde, eine tägliche Messe zu zelebrieren. Dafür mussten sie rein sein. Darüber hinaus ging es aber wohl auch darum, zu vermeiden, dass Kirchenbesitz an die Kinder verheirateter Priester vererbt werden konnte, denn im Mittelalter war die Ämterübertragung vom Vater auf den Sohn üblich. Außerdem war der Unterhalt großer Priesterfamilien für die Kirche kostspielig. Bis zum Zweiten Laterankonzil 1139 gab es aber noch sowohl unverheiratete als auch verheiratete Priester, letztere mussten jedoch enthaltsam leben. Danach war der Zölibat Voraussetzung für den Empfang der Priesterweihe.
In Ausnahmefällen kann der Papst auch heute verheirateten Männern die Erlaubnis erteilen, die Priesterweihe zu empfangen. Dies geschieht in Einzelfällen, beispielsweise wenn ein verheirateter evangelischer Pfarrer zum katholischen Glauben übergetreten ist.
Ordensleute entscheiden sich für das Leben in einer Gemeinschaft, die auch Ersatz für eine Familie ist. Verheiratete Ordensfrauen und -männer könnten sich in diese Gemeinschaft weniger einbringen als unverheiratete, deshalb hält man an diesem klösterlichen Gelübde fest. Allerdings gibt es evangelische Gemeinschaften, denen auch Familien angehören, beispielsweise die Jesus-Bruderschaft in Gnadenthal.
Für so manchen potentiellen Kandidaten ist der Aspekt der ehelosen Keuschheit ein wesentliches Hindernis, ins Kloster einzutreten. Diese Vorgabe trägt sicherlich mit dazu bei, dass der Klosternachwuchs sehr spärlich ist. Am Ordensleben interessierte oder einem Kloster verbundene Menschen, die gleichzeitig eine Familie haben möchten, können allerdings auch als Oblaten das Kloster unterstützen, ohne eintreten zu müssen (siehe auch Frage 34).