Warum ist «made in China» so billig?

Große Teile der Textil- und Elektronikimporte nach Deutschland kommen aus China. Zum Teil werden sie von ausländischen Tochterunternehmen gefertigt, wenn sie richtig billig sind, stammen sie indes häufig aus echter einheimischer Produktion. In anderen Ländern der Welt ist festgestellt worden, dass ein positiver Effekt durch den Export von Billigprodukten normalerweise nur etwa zehn Jahre möglich ist, weil sich die Arbeitskraft mit zunehmendem wirtschaftlichem Erfolg verteuert, so dass schnell das Niveau der Konkurrenz erreicht ist. In China wirken dieser ökonomischen Grundregel das aufgrund des steten Bevölkerungswachstums riesige Potential an Arbeitskräften und die regionalen Ungleichgewichte entgegen. Da die Landwirtschaft vor allem in Westchina die Bevölkerung nicht mehr ernähren kann, sind Familienmitglieder, die nicht gebraucht werden, gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und sich eine neue Beschäftigung zu suchen. Der Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten Menschen ist in den vergangenen 20 Jahren von über siebzig auf etwa 35 Prozent gesunken, die allerdings nur noch etwa fünfzehn Prozent zur Wirtschaftsleistung Chinas beitragen. Zwar sind viele Arbeitskräfte von auf dem Land oder in ländlich strukturierten Städten entstandenen Unternehmen aufgesogen worden, doch sind zahlreiche Menschen auch in ganz anderen Teilen des Landes auf Arbeitssuche gegangen. Auf über 150 Millionen Menschen wird das Heer der Binnenmigranten geschätzt, die in den ostchinesischen Küstengürtel strömen, um sich dort als Tagelöhner, Wander- oder Vertragsarbeiter oder auch in einfachen Dienstleistungsbetrieben zu verdingen. Obwohl in der Küstenregion viele Preise schnell steigen, hält dieser ständige Zustrom an billiger Arbeitskraft die Produktionskosten für einfache Lohnfertigung niedrig. Die Löhne, welche die Arbeiter und Arbeiterinnen erhalten, reichen nämlich immer noch dazu aus, um die darbende Familie daheim zu unterstützen. Dafür nehmen viele Menschen härteste Arbeitsbedingungen auf sich. Seit einigen Jahren allerdings ist davon die Rede, dass bestimmte besonders boomende Branchen der chinesischen Industrie Schwierigkeiten haben, genügend Arbeitskräfte zu finden. Darum wehrt sich China mit Händen und Füßen dagegen, seine Währung aufzuwerten, wie das vor allem von den USA gefordert wird. Dort ist man nämlich der Auffassung, dass China den Yuan künstlich niedrig hält und sich auf diese Weise unfaire Wettbewerbsvorteile erkauft, mit denen die heimische Industrie gestützt wird. Das stimmt vermeintlich mit Bezug auf die Küstenprovinzen, hinsichtlich der ärmeren Regionen ist es falsch.

 
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