Warum ist die Malerei so anders?
Die genauen Ursprünge der traditionellen chinesischen Malerei sind schwer zu bestimmen. Tuschzeichnungen finden sich schon auf Seidentüchern, die Adligen zu Beginn der Han-Zeit ins Grab mitgegeben wurden. Texte dieser Epoche erwähnen zudem mehrfach auf Wände aufgemalte Bilder, die aber leider nicht erhalten sind. Das älteste signierte chinesische Gemälde stammt von Gu Kaizhi (344^405). Es stellt die Ermahnung einer Hofdame durch einen Würdenträger dar. In der Tang-Zeit entstand die Landschaftsmalerei, die im Westen wohl am berühmtesten ist. Anders als bei europäischen Malern ist in China nicht die naturgetreue Darstellung einer Landschaft wichtig: Schon früh geht es eher um Stimmungen. Bestimmte Details von Bergen oder Bäumen können daher oftmals schematisch wirken. Ähnlich wie in den europäischen Schulen bis zum Barock ist es in China immer von Bedeutung gewesen, Motive des Lehrers aufzugreifen und dessen Stil zu kopieren, so dass es nicht leicht ist, einzelne Meister auf Anhieb zu erkennen.
Andere wichtige Sujets sind Tiere und Pflanzen, Porträts sowie Darstellungen von historischen Begebenheiten wie Ausritten von Kaisern oder Jagden. Gerne stellte man drei verschiedene Bäume dar: die Kiefer, die Winterpflaume und vor allem den Bambus. Wie andere Themen aus der Natur malte man sie indes nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern wegen ihrer symbolischen Aussage. Diese drei Bäume, die auch spät im Jahr noch grün sind, stehen nämlich als Sinnbild für den loyalen Untertan, der auch in schlechten Zeiten zu seinem Herrscher steht. Die traditionelle chinesische Malerei bediente sich nur der Tusche, Ölmalerei war bis zur Ankunft der Jesuiten ebenso unbekannt wie die Perspektive. Vorzeichnungen waren wegen des feinen Untergrundes kaum üblich gewesen, Bilder wurden immer auf Rollen aufgezogen und nie in Rahmen gespannt. Charakteristisch für chinesische Gemälde ist des weiteren die Tatsache, dass oft längere Kalligraphien, nicht selten in Gedichtform, auf dem Bild zu finden sind. Connaisseure drückten zudem ihre roten Stempel auf die Bilder, was den Wert nicht etwa senkte, sondern sogar steigerte.
Schon in der Song-Zeit finden sich die Anfänge abstrakter Malerei. Allerdings erlebte sie erst unter den Qing eine Blüte. Dabei darf indes nicht an abstrakte Malerei europäischen Zuschnitts gedacht werden. Abstrahiert wurden vielmehr figürliche Darstellungen, die in bizarre Formen überdehnt werden konnten.