Warum ist Jade so beliebt?
China ist lange Zeit keine Goldkultur gewesen. In der Wertschätzung besonders wichtig war stattdessen ein Stein: die Jade. Nephrit und Jadeit sind sehr harte Mineralien, aus denen man in alter Zeit Waffen und Werkzeuge herstellte. Aufgrund der Materialbeschaffenheit gehört aber hohe Kunstfertigkeit dazu, Jade zu bearbeiten. Große verzierte Scheiben, sehr häufig mit einem Loch in der Mitte, waren schon für die Geschichtsschreiber der Zhou-Zeit offenbar der wertvollste Gegenstand, den man als Geschenk darbieten konnte.
Bereits sehr früh war in China die Bezeichnung «Königsstein» gebräuchlich. Das Schriftzeichen für Jade £ unterscheidet sich von demjenigen für den König £ nur durch einen einzigen zusätzlichen
Punkt. Letzteres ist daher in jedem Schriftzeichen, das für einen Edelstein steht, zu finden. Geschätzt wird an der Jade die feine Maserung, die eine Ordnung suggeriert, die nicht nach schematischen Linien funktioniert - auch das Zeichen für Ordnung g schreibt sich mit dem Jaderadikal.
Im «Buch der Riten» und in verschiedenen Texten, die im 3. vorchristlichen Jahrhundert zusammengestellt wurden, findet sich der folgende Passus, den Konfuzius gesprochen haben soll: «Einst verglichen die Edlen die Tugend mit der Jade: Sie ist das Abbild der Menschlichkeit, weil sie sich weich und ölig anfühlt. Sie ist das Abbild der Weisheit, weil ihre Adern fein und geordnet sind. Sie ist das Abbild der Gerechtigkeit, weil sie Kanten hat, aber nicht schneidet. Sie ist das Abbild der Höflichkeit, weil sie herabhängt [vom Gürtel], als fiele sie zu Boden. Sie ist das Abbild der Musik, weil sie klare und andauernde Töne von sich gibt, wenn man sie anschlägt, um dann abrupt zu verklingen. Sie ist das Abbild der Treue, weil weder ihr Glanz von ihren Fehlern verdeckt wird noch ihre Fehler vom Glanz. Sie ist das Abbild der Glaubwürdigkeit, weil man ihre guten inneren Qualitäten von außen sehen kann. Sie ist das Abbild des Himmels, weil sie luftig ist wie ein weißer Regenbogen, und das der Erde, weil ihr Feinstoff und ihr Geist in Bergen und Flüssen zu sehen sind. Sie ist das Abbild der Tugend, weil man daraus Amts- und Gabentafeln macht, die man darbringen kann, und das Abbild des rechten Weges, weil jeder unter dem Himmel sie hochschätzt.» In anderen Texten werden noch die Qualitäten der Tapferkeit, des rechten Betragens, der Gefühle oder der Eloquenz mit den Eigenschaften der Jade verglichen - wahrlich ein königlicher Stein also! Aus diesen Gründen erzielt Jade in China Preise, die den Nichtchinesen nur verständnislos den Kopf schütteln lassen, denn selten ist die Jade nicht.