Sympathisierte Hitler zu Beginn der Revolution 1918/19 mit der Linken?
Hitler kehrte am 21. November 1918 nach München zurück, wo er der 7. Kompanie des I. Ersatzbataillons des
2. Infanterieregiments zugewiesen wurde. Über die folgenden turbulenten Monate, in denen zunächst der USPD-Politiker Kurt Eisner als Ministerpräsident des Freistaats Bayern eine Koalitionsregierung mit der Mehrheitssozialdemokratie (MSPD) leitete und nach seiner Ermordung am 21. Februar 1919 sich für kurze Zeit eine Räteherrschaft in München etablierte, finden sich in «Mein Kampf» nur spärliche Angaben. Dieses auffällige Schweigen hat schon früh Spekulationen genährt, Hitler habe ein ihm unangenehmes Kapitel seiner Biographie verbergen wollen: die Tatsache nämlich, dass er zu Beginn der Revolution mit den Linken sympathisiert habe. Unbestritten ist, dass er zum Vertrauensmann seines Bataillons gewählt wurde, was sicher nicht der Fall gewesen wäre, wenn er sich offen als ein Gegner der Revolution bekannt hätte. Aber daraus lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass er der damaligen MSPD oder gar der USPD nahegestanden haben muss. Es wäre verwunderlich gewesen, wenn er sich ausgerechnet zu jener Partei hingezogen gefühlt hätte, gegen die er schon in seiner Wiener Zeit eine lebhafte Abneigung entwickelt hatte. Und sollte er am Trauerzug für den ermordeten Kurt Eisner am 26. Februar teilgenommen haben -anhand der überlieferten Filmaufnahmen lässt sich das nicht eindeutig klären -, dann sagt das noch nichts aus über seine tatsächliche politische Einstellung.
Offensichtlich verstand sich Hitler bereits auf die Kunst der Verstellung, die er später als Parteiführer und Reichskanzler zur Perfektion entwickeln sollte. Er exponierte sich nicht, sondern wartete in seiner Münchner Kaserne ab, wie sich die Dinge klären würden. Unmittelbar nach der blutigen Niederwerfung der Räteherrschaft Anfang Mai 1919 kam er jedoch aus seiner Deckung heraus und schlug sich offen auf die Seite der Gegenrevolution. Bereits am 9. Mai wurde der Gefreite Hitler zusammen mit einem Oberleutnant und einem Feldwebel in eine Kommission berufen, die das Verhalten der Soldaten seines Regiments während der Rätezeit untersuchen sollte. Dabei kannte er auch keine Skrupel, Kameraden anzuschwärzen, die im Unterschied zu ihm wirkliche Sympathien für die Revolution gehegt hatten. Für seine Dienste wurde er belohnt. Während das Demobilmachungs-Bataillon, dem er angehörte, aufgelöst wurde, konnte er der Entlassung aus der Armee entgehen und weiter im Rahmen der neu entstehenden Reichswehr tätig sein. Für den Start in seine politische Karriere sollte das von großer Bedeutung sein.
