Wie waren die Haftbedingungen in der Festung Landsberg?

Als Festungshäftlinge in Landsberg waren Hitler und die übrigen verurteilten Nationalsozialisten vom normalen Strafvollzug ausgenommen. Ihre Haftbedingungen glichen eher einem Sanatorium als einem Gefängnis. Sie durften sich viele Stunden am Tag im Freien aufhalten, sportliche Wettkämpfe veranstalten, sich gegenseitig besuchen. Hitler genoss alle nur denkbaren Privilegien. Seine Zelle im ersten Stock, dem «Feldherrnhügel», war ein großes, helles, komfortabel eingerichtetes Zimmer. Zur reichhaltigen Anstaltskost kamen ständig Pakete mit «Liebesgaben», so dass der

Raum auf Besucher den Anblick eines Delikatessenladens machte. Unablässig pilgerten Verehrer und politische Gefolgsleute aus allen Teilen Deutschlands nach Landsberg. Zwischen April und Dezember 1924 durfte Hitler insgesamt 330 Besucher empfangen, darunter auch seine Förderer, das Ehepaar Bechstein aus Berlin und Elsa Bruckmann aus München. Diese erinnerte sich 1933 in einem Bericht «Meine erste Fahrt zum Führer», wie ihr Hitler «in der bayerischen kurzen Wichs und gelbem Leinenjöpperl» entgegengetreten sei - «schlicht, ritterlich und hellen Auges».

Seinen Mitgefangenen schärfte Hitler ein, sich gegenüber den Beamten so zu benehmen, dass sich diese am Ende selbst als Nationalsozialisten bekennen würden. Viel Überzeugungsarbeit war da gar nicht mehr vonnöten. Denn die meisten Wärter sympathisierten mit den Bestrebungen Hitlers. Sie behandelten ihn mit großem Respekt und erlaubten ihm, dass er ungestört Vorträge vor seinen Leuten halten konnte. In seinem Gutachten vom 15. September 1924 lobte der Gefängnisdirektor Otto Leybold Hitler als einen «Mann der Ordnung, der Disziplin». Er sei «genügsam, bescheiden und gefällig», stelle «keinerlei Ansprüche», sei «ruhig und verständig» und «peinlich bemüht, sich den Einschränkungen des Strafvollzugs zu fügen». Bei so viel Wohlwollen verwundert es nicht, dass Hitler am 20. Dezember 1924 freikam, nachdem das Oberste Landesgericht eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen die Haftentlassung zurückgewiesen hatte. Am Landsberger Stadttor machte Heinrich Hoffmann ein Erinnerungsfoto, das mit der Bildlegende «Hitler verläßt Landsberg» in zahlreichen Zeitungen nachgedruckt wurde.

 
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