Warum schaffte Hitler nach dem Tod Hindenburgs das Amt des Reichspräsidenten ab?
Mit dem Problemkomplex SA war die Frage der Nachfolge Hindenburgs eng verknüpft. Der Reichspräsident wurde Anfang Oktober 1933 86 Jahre alt. Mit seinem baldigen Ableben musste gerechnet werden. Obwohl seine Position mit dem Ermächtigungsgesetz bereits stark geschwächt worden war, stellte er doch noch einen eigenständigen Machtfaktor dar, der der Etablierung einer uneingeschränkten Führerdiktatur im Wege stand. Bereits im Juli 1933 hatte Propagandaminister Goebbels nach Beratungen mit dem Chef der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers, in seinem Tagebuch festgehalten: Hitler dürfe nach dem Tod Hindenburgs keinen Reichspräsidenten mehr «über sich dulden», vielmehr sollte er «beide Ämter in einer Person vereinen». Auf diese Lösung verständigten sich Hitler und Goebbels in einer «langen grundsätzlichen Aussprache» am 24. August 1933. Allerdings konnte der Reichskanzler nur hoffen, die Nachfolge Hindenburgs anzutreten, wenn er die Reichswehr, deren Oberbefehlshaber der Reichspräsident war, auf seiner Seite wusste. Ebendeshalb musste er auch darauf bedacht sein, Röhm mit seinen Milizplänen in die Schranken zu weisen. In der NS-Führung fürchtete man überdies, dass der Vizekanzler Ansprüche auf das Amt des Reichspräsidenten anmelden könne. Papen «möchte gern an Hindenburgs Stelle, wenn der alte Herr stirbt. Kommt gar nicht in Frage», notierte Goebbels im April 1934.
Im Juni 1934 zog sich der kranke Hindenburg ganz auf sein Gut Neudeck in Ostpreußen zurück. Ende Juli verschlechterte sich sein Gesundheitszustand rasch. In den Morgenstunden des 2. August verstarb er. Ohne seinen Tod abzuwarten, hatte Hitler noch am Abend zuvor im Kabinett das «Gesetz über das Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches» eingebracht, das die Nachfolge in seinem Sinne regelte. Danach wurde das Amt des Reichspräsidenten mit dem des Reichskanzlers zusammengelegt und die Befugnisse des Ersteren auf den «Führer und Reichskanzler», wie Hitler sich nun offiziell nannte, übertragen.
Am 2. August wurden die Soldaten der Wehrmacht auf den neuen Oberbefehlshaber vereidigt. Am 19. August wurde ein Plebiszit über die Neuregelung der Staatsführung abgehalten. 89,9 Prozent stimmten nach offiziellen Angaben mit Ja. Der Prozess der «Machtergreifung» kam damit zu einem Abschluss. Innerhalb von eineinhalb Jahren hatte Hitler Deutschland in eine Führerdiktatur verwandelt. Er besaß eine Machtfülle, wie sie kein deutscher Regierungschef jemals besessen hatte.