Ausprägungen und Zusammenhänge der fünf Komponenten

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Bevor auf die Ergebnisse zu den Ausprägungen und Zusammenhängen der fünf extrahierten Komponenten eingegangen werden kann, wird zunächst beschrieben, wie die Werte für die Komponenten generiert wurden.

11.1.3.3.1 Berechnung der Werte für die Komponenten

Zur weiteren Verwendung der aus einer Faktorenanalyse gewonnen Daten, muss zunächst entschieden werden, anhand welcher Werte die Ausprägungen der Personen auf der Skala beschrieben werden sollen. Grundsätzlich können die Skalen, die aus einer Faktorenanalyse resultieren, anhand von Faktorwerten oder anhand von Summenwerten beschrieben werden, deren Eignung unterschiedlich bewertet wird. Im Gegensatz zu einfachen, ungewichteten Summenwerten wird bei Faktorwerten, die sich mit SPSS automatisch generieren lassen, die Ladung der Items auf den Faktoren berücksichtigt, wobei grundsätzlich die Ladungen aller Items auf jedem Faktor mit eingehen (Bühner, 2011). SPSS bietet drei Arten von Faktorwerten an, die nach den Methoden „Regression“, „Anderson-Rubin“ oder „Bartlett“ gebildet werden. Die resultierenden Werte sind bei Anwendung einer Hauptkomponentenanalyse allerdings nach allen drei Methoden exakt gleich, da sie eindeutig und exakt berechnet werden können (Bühner, 2011).

Der Vorteil von Summenwerten ist, dass sie leichter interpretierbar sind als die Faktorwerte, deren Unabhängigkeit voneinander erzwungen wird und die standardisierte Mittelwerte von Null und Standardabweichungen von Eins besitzen (Fromm, 2008). An den automatisch generierten Faktorwerten ist grundsätzlich zwar von Vorteil, dass sie die Ladungsgewichte berücksichtigen, da diese allerdings stark stichprobenabhängig sind, wird insbesondere bei kleineren Stichproben die Verwendung von Summenwerten empfohlen (Fromm, 2008; Bühner, 2011; Russell, 2002; Wolff & Bacher, 2011).

Tabelle 117 verdeutlicht, dass sich Werte für die Komponenten, die anhand unterschiedlicher Methoden gewonnen wurden, in ihrer Rangreihe kaum unterscheiden, was durch die Korrelationen, die nahe Eins liegen, deutlich wird (vgl. dazu auch Fromm, 2008). Die Berechnung der drei Arten von Werten wird kurz beschrieben:

Ÿ Faktorwerte anhand der Regressionsmethode (Gesamt-Faktorenanalyse): Zunächst wurden Faktorwerte anhand der Regressionsmethode mit SPSS berechnet. Diese Faktorwerte wurden direkt bei der Extraktion der fünf Komponenten ausgegeben. Dabei werden alle Ladungen, die ein Item auf einem oder mehreren Faktoren hat, berücksichtigt. Items mit geringerer Ladung gehen zwar zu einem geringeren Anteil in den Faktorwert ein, aber bei dieser Methode werden auch Nebenladungen auf weiteren Items berücksichtigt. Die Faktorladungen aus der Gesamt-Faktorenanalyse ergeben sich damit aus der insgesamt erzeugten Varianz.

Ÿ Faktorwerte anhand der Regressionsmethode (itemspezifische Faktorenanalyse): Zur Bereinigung der Faktorwerte um die Nebenladungen wurden die Faktorwerte anhand der Regressionsmethode noch einmal ausgegeben, wobei pro Komponente eine itemspezifische Faktorenanalyse gerechnet wurde, in die nur diejenigen Items einbezogen wurden, die laut der Gesamt-Faktorenanalyse tatsächlich dem jeweiligen Faktor zugeordnet werden. Anhand dieser Methode erhält man also Faktorwerte, welche die Ladung der Items auf dem Faktor einbeziehen und entsprechend gewichten. Diese Ladungen sind somit unabhängig von der Ladungsmatrix der Gesamt-Faktorenanalyse.

Ÿ Summenwerte: Als dritte Art von Skalenwerten wurden einfache Summenwerte berechnet, die sich aus der Summe der Werte aller Items, die zum jeweiligen Faktor zugeordnet wurden, geteilt durch die Anzahl der Items des Faktors ergeben. Dabei wird keine Gewichtung anhand der Ladungen vorgenommen, sondern jedes Item fließt unabhängig von seiner Ladung auf dem Faktor in den Gesamtwert ein.

Tabelle 117 Korrelationen (Spearman-Rho) zwischen Faktorund Summenwerten (N = 47 Lerngruppen)

In der Tabelle werden nur die interessierenden Korrelationen der einzelnen Faktoren, die anhand unterschiedlicher Methoden gewonnen wurden, dargestellt. Korrelationen verschiedener Faktoren untereinander sind ausgeblendet.

Alle mindestens auf dem 0.05 %-Niveau signifikanten Korrelationen sind fett gedruckt (p < .05).

Wie aus Tabelle 117 erkennbar wird, hängen die Skalenwerte für die einzelnen Komponenten stark miteinander zusammen, obwohl unterschiedliche Methoden zur Generierung der Werte verwendet wurden. Insbesondere die anhand der Regressionsmethode gewonnenen Faktorwerte, die anhand eigener Faktorenanalysen für jede einzelne Komponente durchgeführt wurden, unterscheiden sich in ihrer Rangreihe kaum von den ungewichteten Summenwerten. Daher werden die folgenden Analysen zu den Ausprägungen und Zusammenhängen der fünf extrahierten Komponenten nur mit den ungewichteten Summenwerten berechnet, die anhand der Anzahl der in der jeweiligen Komponente enthaltenen Items relativiert wurden. Diese haben wie auch die Ausgangswerte einen Wertebereich zwischen „1“ und „4“, wobei „1“ eine geringe und „4“ eine hohe Ausprägung bedeutet. Auch für die Berechnung von Summenwerten wäre eine Intervallskalierung der Items eine Voraussetzung, die hier nur angenommen, aber nicht überprüft werden kann (vgl. 11.1.2.2.1). Dennoch sind Summenwerte die anschaulichste und voraussetzungsärmste Möglichkeit zur Berechnung des Gesamtwerts.

11.1.3.3.2 Ausprägungen der fünf Komponenten

Betrachtet man zunächst die deskriptiven Statistiken, so wird an den Mittelwerten deutlich, dass den Lehrpersonen der vorliegenden Stichprobe das „Schaffen einer lernförderlichen Umgebung“ insgesamt am besten gelingt (M = 3.00), wohingegen die „Anregung von Denkprozessen“ den geringsten Mittelwert erreicht (M = 1.93), gefolgt von der „Motivierenden Haltung der Lehrperson“, die mit M = 2.00 auch noch unter der theoretischen Mitte von 2.50 liegt. Im oberen Bereich liegen mit sehr ähnlichen Werten die Komponente 2 („Konstruktive Lernunterstützung“; M = 2.75) und die Komponente 3 („Förderung einer eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand“; M = 2.74). Bei Betrachtung der Min-Max-Werte fällt auf, dass es bei den Komponenten 1, 2 und 3 jeweils mindestens eine Lehrperson gibt, die in allen Items der Komponente die Höchstbewertung „4“ erhalten hat. Bei Komponente 3 und 5 gibt es hingegen Lehrpersonen, die in allen Items mit einer „1“ bewertet wurden.

Tabelle 118 Deskriptive Statistiken für die Summenwerte der fünf extrahierten Komponenten

Komponenten

Min

Max

M

SD

Schiefe

Kurtosis

1) Schaffen einer lernförderlichen Umgebung

1.71

4.00

3.00

0.48

-.61

.67

2) Konstruktive Lernunterstützung

1.80

4.00

2.75

0.57

.56

-.46

3) Förderung einer eigenständigen Auseinanderset-

zung mit dem Lerngegenstand 1.00

4.00

2.74

0.64

-.32

.07

4) Anregung von Denkprozessen 1.25

3.25

1.93

0.58

.99

-.10

5) Motivierende Haltung der Lehrperson 1.00

3.67

2.00

0.64

.47

.09

Bereits anhand der Werte für Schiefe und Kurtosis deutet sich an, dass die Verteilungen der Komponenten sehr unterschiedlich ausfallen. Die Histogramme in den folgenden Abbildungen verdeutlichen für jede Komponente noch einmal deren Verteilung. Wie aus Abbildung 21 ersichtlich wird, kommen die positiven Werte für die erste Komponente dadurch zustande, dass es keine Lehrperson gibt, die in allen sieben Items der ersten Komponente ausschließlich sehr geringe Bewertungen erhalten hat. Nur zwei Lehrpersonen liegen mit Skalenmittelwerten von 1.71 und 1.86 unter dem Wert „2.00“. Mit sieben Lehrpersonen ist der am häufigsten besetzte Wert die 3.14. Die Verteilung ist daher eher rechtssteil. Der Kolmogorov-SmirnovAnpassungstest ergibt, dass die Verteilung nicht signifikant von einer Normalverteilung abweicht (p = .50).

Abbildung 21 Histogramm der Ausprägungen des Summenwerts von Komponente 1: „Schaffen einer lernförderlichen Umgebung“

Die zweite Komponente „Konstruktive Lernunterstützung“, die mit einem Mittelwert von 2.75 etwas über der theoretischen Skalenmitte von 2.50 liegt, weicht mit p = .045 hingegen signifikant von einer Normalverteilung ab. Auffällig ist der deutliche Modalwert von 2.60, mit dem insgesamt zehn Lehrpersonen beurteilt wurden (vgl.Abbildung 22). Auch hier wird die Skala nach unten hin nicht voll ausgeschöpft: Nur drei Lehrpersonen haben insgesamt Werte < 2.00 erhalten.

Abbildung 22 Histogramm der Ausprägungen des Summenwerts von Komponente 2: „Konstruktive Lernunterstützung“

Abbildung 23 Histogramm der Ausprägungen des Summenwerts von Komponente 3: „Förderung einer eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand“

Anhand der Abbildung 23 wird bereits erkennbar, dass die Verteilung der dritten Komponente

„Förderung einer eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand“ eher einer Normalverteilung entspricht, was der Kolmogorov-Smirnov-Anpassungstest auch bestätigt (p = .92). Die Skala wird zudem voll ausgeschöpft, da jeweils eine Lehrperson in allen fünf zur Skala gehörenden Items ausschließlich mit „1“ bzw. „4“ beurteilt wurde.

Abbildung 24 Histogramm der Ausprägungen des Summenwerts von Komponente 4: „Anregung von Denkprozessen“

Die Komponente 4 „Anregung von Denkprozessen“, die den geringsten Skalenmittelwert von M = 1.93 erreicht, fällt durch eine linkssteile Verteilung auf, die vor allem durch den niedrigen Modalwert von 1.50 zustande kommt, mit dem 13 der insgesamt 47 Lehrpersonen beurteilt wurden. Im oberen Bereich dünnt sich die Verteilung – die signifikant von einer Normalverteilung abweicht (p = .03) – deutlich aus, wobei immerhin drei Lehrpersonen den Maximalwert von 3.25 erreichen.

Die fünfte Komponente entspricht wiederum einer Normalverteilung (p = .71), wobei sich die hauptsächliche Verteilung mit dem Modalwert bei 2.00 zwischen den Werten 1.00 und 3.00 bewegt. Die beiden Lehrpersonen mit den höchsten Werten 3.50 und 3.67 können eher als Ausreißer betrachtet werden.

Abbildung 25 Histogramm der Ausprägungen des Summenwerts von Komponente 5: „Motivierende Haltung der Lehrperson“

Um die Ausprägungen der fünf Komponenten noch einmal anschaulich miteinander vergleichen zu können, kann der Boxplot genauer betrachtet werden, in dem Lageund Streuungsmaße gemeinsam abgebildet werden (vgl. Abbildung 26). Der waagerechte Strich in der Mitte der Box veranschaulicht den Median, die Box selbst beinhaltet 50 % der Werte. Die darüber hinausgehenden sogenannten „Antennen“ bilden den Streubereich ab. Ausreißerwerte werden durch die Kreise kenntlich gemacht. Durch die Abbildung wird deutlich, dass sich die Verteilungen der Komponenten 4 („Anregung von Denkprozessen“) und 5 („Motivierende Haltung der Lehrperson“) sowie die der Komponenten 2 („Konstruktive Lernunterstützung“) und 3 („Förderung einer eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand“) in etwa entsprechen. Während die Komponenten 4 und 5 die Skala nach unten hin ausschöpfen, Medianwerte bis maximal „2“ erreichen und Werte unter „3“ bereits zu den Ausreißern zählen, verteilen sich die Komponenten 2 und 3 etwas breiter über den Wertebereich und schöpfen ihn nach oben hin, nicht aber nach unten aus. Am besten beurteilt wurden die Lehrpersonen im „Schaffen einer lernförderlichen Umgebung“ (Komponente 1), für die bereits Werte < 2.00 Ausreißerwerte nach unten darstellen, da die Verteilung vor allem im oberen Skalenbereich angesiedelt ist.

Abbildung 26 Box-Plot-Diagramm der fünf extrahierten Komponenten im Vergleich

11.1.3.3.3 Zusammenhänge der fünf Komponenten

Auch zur Überprüfung, ob die fünf Komponenten miteinander zusammenhängen, wurden die Summenwerte verwendet. [1] Da nur drei der insgesamt fünf Komponenten normalverteilt sind, wurde die Spearman-Rho-Korrelation als voraussetzungsärmeres Verfahren verwendet.

Tabelle 119 Interkorrelationen (Spearman-Rho) der fünf extrahierten Komponenten (N = 47 Lerngruppen)

Alle mindestens auf dem 0.05 %-Niveau signifikanten Korrelationen sind fett gedruckt (p < .05).

Die einzige signifikante Korrelation ergibt sich zwischen den beiden Komponenten „Konstruktive Lernunterstützung“ und „Anregung von Denkprozessen“, ist mit r = .33 allerdings nicht so hoch, dass die Annahme der Unabhängigkeit der Faktoren, die zuvor postuliert wurde, um eine orthogonale Rotation anzuwenden (vgl. 0), aufgegeben werden müsste. Bei den fünf extrahierten Komponenten handelt es sich also um weitgehend voneinander unabhängige Merkmale der Unterrichtsqualität.

  • [1] Streng genommen wurde mit der Durchführung eines orthogonalen Rotationsverfahrens die Unabhängigkeit der Faktoren postuliert. Daher sollten die resultierenden Korrelationen der Summenwerte möglichst gering sein, um diese Annahme aufrechterhalten zu können. Dies soll hier überprüft werden
 
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