Testierfähigkeit, Testierwille und Höchstpersönlichkeit
Höchstpersönlichkeit
Wer kann eine letztwillige Verfügung errichten?
Eine letztwillige Verfügung kann errichten, wer
■ testierfähig ist,
■ Testierwillen hat,
■ und dabei höchstpersönlich handelt.
Wann fehlt es an der Testierfähigkeit?
Testamente sind bei fehlender Testierfähigkeit (§ 2229 Absatz 4 BGB) unwirksam. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass im Regelfall Testierfähigkeit vorliegt und lediglich dann fehlt, wenn der Erblasser zu Lebzeiten an einer krankhaften Störung des Geisteszustandes, einer Geistesschwäche oder einer Bewusstseinsstörung gelitten hat. Beruft sich z. B. ein (übergangener) gesetzlicher Erbe auf Testierunfähigkeit des Erblassers, so hat das Nachlassgericht im Rahmen des Erbscheinverfahrens zu dieser Frage Beweis zu erheben. Die Beweislast trägt derjenige, der sich auf Testierunfähigkeit beruft.
Expertentipp
Das Gericht holt in diesem Fall ein psychiatrisches und/oder neurologisches Gutachten ein und befragt Zeugen, die über den geistigen Zustand des Verstorbenen berichten können. Hierbei entsteht immer wieder die Frage, ob der behandelnde Arzt von seiner ärztlichen Schweigepflicht entbunden ist. Es ist unstreitig, dass der Erblasser diese Entbindung selbst vornehmen kann. Deshalb ist zu empfehlen, in der Verfügung von Todes wegen eine solche Schweigepflichtentbindungserklärung aufzunehmen.
Mustertext
„Schweigepflichtentbindungserklärung"
Sollten Zweifel an meiner Testierfähigkeit entstehen, so entbinde ich insofern die Ärzte, die mich behandelt haben und noch behandeln werden, von ihrer Schweigepflicht.
Kann eine Person, die unter Betreuung steht, noch testieren?
■ Die Anordnung einer Betreuung nach dem Betreuungsgesetz (§§ 1896 ff. BGB) führt nicht automatisch zur Annahme der Testierunfähigkeit. Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit des Betreuten wird das Nachlassgericht ein Sachverständigengutachten einholen.
■ Der Betreuer kann nicht in Vertretung des Betreuten ein Testament errichten, da es sich hierbei um eine höchstpersönliche Willenserklärung handelt.
Ab welchem Lebensalter kann man ein Testament errichten?
Anders als bei einem Erbvertrag, der die volle Geschäftsfähigkeit (vollendetes 18. Lebensjahr) erfordert (§ 2275 Absatz 1 BGB), können Minderjährige ab dem vollendeten 16. Lebensjahr - auch ohne Zustimmung der Eltern - ein Testament errichten, allerdings nur in notarieller Form (§ 2229 Absatz 1 BGB).
Was bedeutet Testierwille?
Das Testament sollte als solches deutlich gekennzeichnet werden (z. B. mittels der Überschrift „Mein letzter Wille“) und nicht etwa in Form eines Briefes oder sonstigen Anschreibens erklärt werden. In letzteren Fällen kann nämlich fraglich sein, ob überhaupt ein „Testierwille“ vorlag oder nur die Errichtung eines späteren Testamentes angekündigt werden sollte.
Die Beweislast für den Testierwillen liegt bei demjenigen, der aus dem Schriftstück Rechte herleitet. Liegt ein formgerecht abgefasstes und inhaltlich vollständiges privatschriftliches Testament vor, wird der Testierwille auf Grund der Lebenserfahrung vermutet. Diese tatsächliche Vermutung ist aber erschüttert, wenn weitere Einzelfallumstände (beispielsweise ungewöhnlicher Schriftträger) Anlass zu ernsthaften Zweifeln am Testierwillen geben. Andererseits können besondere
Umstände die Erschütterung des Erfahrungssatzes wieder entfallen lassen. So kann etwa bei einem formgültigen Testament unter Verwendung eines Briefumschlags ein Testierwille zu bejahen sein, bei einer Niederlegung im Notizbuch hingegen nicht.
Darf eine Verfügung zugunsten Heimbediensteter getroffen werden?
Wer in einem Seniorenwohnheim oder einer Pflegeeinrichtung lebt, kann weder den Träger des Hauses noch dessen Beschäftigten letztwillig etwas zuwenden (§ 14 Heimgesetz).
Kann man sich bei der Testamentserrichtung vertreten lassen?
Die Errichtung einer Verfügung von Todes wegen ist gemäß §§ 2064, 2274 BGB ein höchstpersönliches Rechtsgeschäft, das jeder Bürger und jede Bürgerin nur selbst erledigen kann.
Darf der Erbe durch Dritte bestimmt werden?
Gemäß § 2065 Absatz 2 BGB kann der Erblasser die Bestimmung des Zuwendungsempfängers sowie die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes nicht einem anderen überlassen. Ein Verstoß gegen § 2065 BGB führt zur Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung, es sei denn, es ist eine Umdeutung möglich. Von diesem Grundsatz sind aber einige Ausnahmen anerkannt. So liegt kein Verstoß gegen § 2065 Absatz 1 BGB vor, wenn der Erblasser bezüglich der Geltung der Verfügung einen bestimmten Willen gehabt hat und er die Gültigkeit von dem Tun oder Unterlassen eines Dritten abhängig macht. Eine derartige -zulässige - Wollensbedingung liegt etwa vor, wenn der Erblasser seinen Enkel als Erben einsetzt, unter der Bedingung, dass dessen Ehefrau den Erblasser im Alter pflegt.
Hat der Erblasser objektive Kriterien auf gestellt, nach denen der Dritte die Bestimmung des Erben oder der Erbquote vornehmen kann, liegt keine unzulässige Vertretung im Willen vor, da der Dritte den Erben nicht aufgrund seines subjektiven Ermessens bestimmt, sondern ihn nur entsprechend den objektiven Voraussetzungen, die aus dem Testament zu entnehmen sind, bezeichnet.
BEISPIEL:
Zulässig wäre etwa folgende testamentarische Verfügung:
„Dasjenige Kind soll Erbe sein, das die Handwerksmeisterprüfung bestanden hat. Sollte dies bei mehreren Kindern der Fall sein, wird das älteste von ihnen Erbe. Die Feststellung, wer Erbe ist, soll die Ehefrau des Erblassers treffen.“
Obwohl der Erblasser den Erben nicht namentlich genannt hat, hat die Ehefrau aufgrund der objektiven Kriterien kein Auswahlermessen. Unzulässig wäre dagegen eine Bestimmung, wonach es der Ehemann seiner Ehefrau überlässt, eines seiner drei Kinder als Erben auszuwählen.