Die Unwirksamkeit einer Verfügung von Todes wegen
Wann ist eine Verfügung von Todes wegen kraft Gesetz unwirksam?
Eine Verfügung von Todes wegen kann unwirksam sein,
■ wegen eines Formmangels,
■ wegen eines Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot oder
■ wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten.
Wann verstößt eine Verfügung von Todes wegen gegen ein gesetzliches Verbot?
Eine Verfügung von Todes wegen ist gemäß § 134 BGB nichtig, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstößt. Einen für die Praxis wichtigen Fall stellt § 4 des Heimgesetzes dar, wonach dem Träger eines Heims sowie den Beschäftigten des Heims untersagt ist, sich von oder zu Gunsten von Heimbewohnern Geld oder geldwerte Leistungen versprechen oder gewähren zu lassen. Ein Erbvertrag zu Gunsten einer der in § 14 Heimgesetz genannten Personen ist damit nichtig. Für ein Testament gilt dies nach der Rechtsprechung (Bundesverfassungsgericht, FamRZ 1998, 1498) dann, wenn es mit dem Einverständnis des bedachten Heimträgers beziehungsweise Bediensteten errichtet wurde oder wenn die testamentarische Einsetzung den Bedachten bereits zu Lebzeiten des Erblassers bekannt war.
Wann ist eine Verfügung von Todes wegen sittenwidrig?
Eine Verfügung von Todes wegen ist gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Praxisrelevant sind dabei folgende Fallgruppen:
■ Geliebtentestament: Nach bisheriger Auffassung ist eine Zuwendung, durch die ein verheirateter Mann eine Frau für ehebrecherischen Verkehr belohnen oder zur Fortsetzung solchen Verkehrs bestimmen will, dann sittenwidrig, wenn dies der ausschließliche oder zumindest ausschlaggebende Zweck der Zuwendung gewesen ist. Waren die Motive für die Zuwendung an die Geliebte teils ehrenwert und teils verwerflich, kann dies dazu führen, dass die Einsetzung der Geliebten zur Alleinerbin unsittlich ist, aber als Einsetzung zur Miterbin (zum Beispiel neben den ehelichen Kindern) aufrechterhalten werden kann.
■ Behindertentestament: Eltern eines geistig behinderten Kindes bezwecken mit einem so genannten Behindertentestament, dass der Sozialhilfeträger weiterhin die gesetzlichen Leistungen für das behinderte Kind übernimmt und der Lebensstandard des behinderten Kindes nach dem Erbfall durch seine testamentarische Beteiligung am Nachlass dauerhaft über das wirtschaftliche Niveau der Sozialhilfe angehoben wird. Um den Zugriff des Sozialhilfeträgers auf die Substanz und Erträge des ererbten Vermögens zu verhindern, werden eine Vor- und Nacherbschaft sowie eine Testamentsvollstreckung angeordnet. Mittels Verwaltungsanweisungen wird festgelegt, welche Leistungen das behinderte Kind dauerhaft aus dem Nachlass erhalten soll. Der Bundesgerichtshof (NJW 1994, 248) hat für den Fall des Vorhandenseins von mittlerem Vermögen entschieden, dass diese Testamentsgestaltung nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 BGB ist. In einer neueren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof (ZEV 2011, 258) entschieden, dass das „Behindertentestament” wirksam ist und die familienrechtliche Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Sittenwidrigkeit von Unterhaltsverzichtserklärungen zwischen Ehegatten auf diese erbrechtliche Konstellation nicht übertragbar ist.
■ Bedürftigentestament: Bei einem bedürftigen Familienangehörigen (etwa Kind oder Ehegatte), der überschuldet ist oder von Sozialhilfe lebt, ist die Ausgangslage und die rechtliche Gestaltung mit dem Behindertentestament vergleichbar. Nach derzeitigem Stand der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist die Grundkonstruktion des Bedürftigentestamentes nicht sittenwidrig (Landessozialgericht Baden-Württemberg, ZEV 2008, 147; andere Ansicht Sozialgericht Dortmund, ZEV 2010, 50).
■ Wiederverheiratungsklauseln: Mit diesen Klauseln wollen Ehegatten erreichen, dass bei einer Wiederverheiratung des länger lebenden Ehegatten der Nachlass, der beim Tod des überlebenden Ehegatten den eingesetzten Schlusserben (in der Regel also den gemeinsamen Kindern) zufallen soll, nicht durch Pflichtteilsansprüche des Stiefvaters beziehungsweise der Stiefmutter geschmälert wird. Klauseln, durch die der überlebende Ehepartner das gesamte Erbe verliert und nicht einmal Vermögen in Höhe seines Pflichtteilsanspruches behält, können wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sein.
Kann eine unwirksame Verfügung von Todes wegen in ein wirksames umgedeutet werden?
Eine nichtige Verfügung von Todes wegen kann - wenn sie den Anforderungen einer anderen letztwilligen Verfügung entspricht - gemäß § 140 BGB umgedeutet werden. Praxisrelevant ist hier zum Beispiel das gemeinschaftliche Testament von Verlobten, das gemäß § 2265 BGB nichtig ist, aber - wenn es der Form des § 2276 BGB genügt - in einen Erbvertrag und im Falle einer nicht notariellen Beurkundung ein eigenhändiges Testament des Verfassers umgedeutet werden kann.