Die vorweggenommene Erbfolge
Was versteht man unter „vorweggenommener Erbfolge"?
■ Unter „vorweggenommener“ Erbfolge versteht man alle Vermögensübertragungen unter Lebenden, insbesondere Schenkungen, die in der Erwartung vorgenommen werden, dass der Erwerber im Erbfall das Vermögen ohnehin erhalten sollte.
■ Bei der lebzeitigen Übertragung von Vermögenswerten werden dem Übernehmer typischerweise zahlreiche Verpflichtungen auferlegt, die das Ziel haben, den Schenker und seine Familie für den Alters- und Pflegefall abzusichern, eine Gleichstellung unter mehreren Kindern zu erreichen und zu verhindern, dass der Schenkungsgegenstand weiterveräußert oder dem Zugriff von Gläubigern ausgesetzt wird.
Welche Ziele können mit einer „vorweggenommenen Erbfolge" erreicht werden?
■ Reduzierung der Steuerlast
■ Erhaltung des Familienvermögens
■ Versorgung des Schenkers und seiner Familie
■ Pflichtteilsminderung
Wie kann durch eine vorweggenommene Erbfolge das Vermögen der Familie erhalten werden?
Wirtschaftliche Einheiten, wie zum Beispiel Grundbesitz, ein Unternehmen oder Kunstsammlungen, werden bei Streit unter den Miterben nicht selten zerschlagen. Eine gut strukturierte lebzeitige Übertragung auf die nächste Generation kann nicht nur eine Zersplitterung von Vermögenswerten verhindern, sondern auch Streit unter den Angehörigen über die Verteilung des Nachlasses vorbeugen. Eine rechtzeitige Übertragung motiviert zudem einen Nachfolger, den Besitz zu erhalten und zu mehren.
Warum bietet sich die vorweggenommene Erbfolge an, den Schenker und seine Familie zu versorgen?
Ein häufiges Motiv für die Übertragung von Vermögen ist, dass der Schenker als „Gegenleistung“ von den Kindern für sich und seinen Ehepartner Leistungen für die Versorgung im Krankheits- und Pflegefall einfordern und noch zu Lebzeiten beider Elternteile vertraglich absichern kann. Aber auch schwächere Familienmitglieder, wie z. B. minderjährige oder behinderte Kinder, können im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge abgesichert werden.
Wie kann im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge der Pflichtteil einzelner Abkömmlinge gemindert werden?
Gerade Grundbesitz ist dadurch gekennzeichnet, dass er zwar einen erheblichen Verkehrswert hat, im Erbfall aus ihm aber nur sehr schwer liquide Mittel zur Begleichung einer etwaigen Pflichtteilslast erzielt werden können. Ziel einer vorweggenommenen Erbfolge sollte es deshalb auch sein, vertragliche Regelungen zum Ausschluss oder zur Reduzierung der Pflichtteilshaftung zu treffen.
Welche Klauseln sollten bei einer vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden?
Zur Absicherung des Schenkers empfiehlt es sich, folgende Klauseln aufzunehmen:
■ Nießbrauchs- oder Wohnrechtsvorbehalt
■ Rückfallklausel
■ Verfügungsbeschränkungen
■ Pflichtteilsanrechnungsklausel
■ Ausgleichspflichten
■ Rentenzahlungen
■ Pflegeverpflichtung
Expertentipp
Diese Klauseln haben gravierende Auswirkungen. Sie sollten sich deshalb deren Konsequenzen ausführlich von einem Erbrechtsexperten erläutern lassen.
Was versteht man unter einer Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt?
Gerade bei der Zuwendung einer Immobilie kann es sich empfehlen, dass der Schenker sich ein lebenslanges Nutzungsrecht vorbehält. Dabei wird der Beschenkte zwar Eigentümer, kann aber die Immobilie selbst nicht bewohnen oder vermieten. Die Nutzungen stehen alleine dem „Nießbrauchsberechtigten“ zu, der in der Immobilie wohnen oder sie vermieten kann. Sofern im notariellen Vertrag nichts anderes vereinbart ist, trägt der Nießbrauchsberechtigte die gewöhnlichen Unterhaltungskosten, während der Eigentümer für die außergewöhnlichen Aufwendungen aufkommen muss.
Alternativ zum Nießbrauchsrecht kann auch ein Wohnrecht des Schenkers vereinbart und im Grundbuch eingetragen werden. Allerdings kann der Wohnrechtsinhaber die Immobilie nur mit Zustimmung des Beschenkten vermieten.
Warum sollte in einen Übergabevertrag eine Rückfallklausel aufgenommen werden?
Hat z. B. ein Schenker vorzeitig eine Immobilie auf seine Tochter übertragen und verstirbt diese vor dem Schenker kinderlos, so würde die Immobilie auf den gesetzlichen oder testamentarischen Erben der Tochter (z. B. den Schwiegersohn) übergehen. Dies kann durch so genannte Rückfallklauseln verhindert werden, wonach im Falle des Vorversterbens des Beschenkten ohne Hinterlassung eigener Abkömmlinge die Immobilie an den Schenker zurückfällt.
Wie kann der Schenker einen Verkauf der geschenkten Immobilie verhindern?
Will der Schenker verhindern, dass der Beschenkte über die Zuwendung frei verfügen kann, müssen entsprechende Beschränkungen in den Schenkungsvertrag aufgenommen und durch eine Rückfallklausel abgesichert werden.
Warum sollte in einem Übergabevertrag eine Pflichtteilsanrechnungsklausel aufgenommen werden?
Ist der Beschenkte gegenüber dem Schenker pflichtteilsberechtigt, so sollte im Schenkungsvertrag festgelegt werden, dass die Zuwendung an den Pflichtteilsberechtigten auf etwaige Pflichtteilsansprüche anzurechnen ist (§ 2315 BGB).
Warum macht es Sinn in einem Übergabevertrag die Ausgleichung lebzeitige Vorempfänge zu regeln?
Bei Zuwendungen an eines von mehreren Kindern sollte man im Schenkungsvertrag klarstellen, ob die betreffende Schenkung gegenüber den Geschwistern auszugleichen ist oder nicht (§ 2050 BGB).
Wie kann im Rahmen eines Übergabevertrages der Schenker doch Rentenzahlungen abgesichert werden?
Benötigt der Schenker Geld, um seinen Lebensunterhalt zu verbessern, kann er mit dem künftigen Eigentümer eine Rente vereinbaren. Über Höhe und Laufzeit der monatlichen Zahlungen können die Vertragspartner frei entscheiden.
Ist es sinnvoll, in einen Übergabevertrag Pflegeverpflichtungen aufzunehmen?
Bei einer Pflegeverpflichtung, die der Beschenkte übernimmt, sollte man den Umfang und Inhalt der geschuldeten Pflegeleistung genau definieren.