Exkurs: Institutionenökonomische Bildung und Wirtschaftskunde

Dieser Exkurs soll einerseits den Stand der Verankerung institutionenökonomischer Perspektiven in der ökonomischen Bildung kurz reflektieren, andererseits sollen die didaktischen Überlegungen zur institutionenökonomischen Bildung eine Verwendung im Politikunterricht anregen. Konkrete Rückgriffe auf institutionenökonomische Aspekte in der ökonomischen Bildung liegen sowohl für die Neue Institutionenökonomik als auch für die Neue Politische Ökonomie vor.

Ökonomische Bildung, die auf die Bewältigung aktueller und künftiger Lebenssituationen abzielt, ist sozialwissenschaftlich orientiert und betrachtet die gesellschaftliche Realität nicht mittels institutionenloser Modelle (Kaminski 1994, S. 23). Die Neue Institutionenökonomik knüpft hierbei an und trägt Sorge dafür, ökonomisches Denken zu erweitern, indem sie Institutionen als richtungsbestimmend für menschliches Verhalten klassifiziert. Die Einbeziehung ihrer Ansätze ermöglicht in diesem Zusammenhang Alltagshandeln einerseits zu analysieren und zu beurteilen, andererseits im Sinne des „richtigen Handelns“ [1] abzuleiten (ebd.). Derart verstandenes „richtiges Handeln“ stellt (auch) in der ökonomischen Bildung einen Wertebezug her, der im Rahmen normativer Analysen Handlungen sowohl auf das Individuum richtet als auch unter gesamtgesellschaftlichem Aspekt fokussiert (ebd.). Hervorzuheben ist die integrierende Funktion institutionentheoretischer Betrachtungen, deren Modelle „mehrere sozialwissenschaftliche Disziplinen aufeinander beziehen oder in ihren Erkenntniszielen – vorsichtig ausgedrückt – annähern lassen“ (ebd.). Hieraus erwachsen realitätsgerechtere Modelle (z.B. die nicht isolierte Betrachtung des homo oeconomicus, sondern die Betrachtung des homo oeconomicus im institutionellen Umfeld), die auf der einen Seite die Arbeit mit Modellen entscheidend verbessern und auf der anderen Seite Zusammenhänge unter anderem zwischen Ökonomie und Politik aufzeigen (ebd.). Neben der Aufbereitung der Problemfelder zur Neuen Institutionenökonomik stellt KAMINSKI innerhalb ausgewiesener traditioneller Inhaltsbereiche der ökonomischen Bildung konkrete Bezüge zur Einbeziehung der Institutionentheorie in der Wirtschaftskunde her (z.B. Kaminski 1997):

Ÿ Soziale Marktwirtschaft als Wirtschaftsordnung

Ÿ Markt

Ÿ Betrieb

Ÿ Arbeitsmarkt

Ÿ Staat und Wirtschaft im Sinne von Wirtschaftspolitik

Die Verwendung der Neuen Institutionenökonomik liefert entscheidende Impulse für einen Lernfortschritt in der ökonomischen Bildung. Neben der Vermittlung neuer Denkstile und Kategorien stehen den Schülerinnen und Schülern weitere Analyseund Ordnungsinstrumente zur Verfügung, die es ihnen erlauben, „ihre Kenntnisse über jene Wirtschaftsordnung zu verbessern, in der sie gegenwärtig leben und konsumieren sowie politisch handeln und in der sie zukünftig arbeiten und unternehmerisch tätig sein möchten“ (Kaminski 1997, S. 155f.). Die alleinige Beschränkung auf die Theorien der Neuen Institutionenökonomik ist in diesem Zusammenhang jedoch nicht ausreichend und kaum gewollt. Die Einbeziehung der Institutionentheorie vor allem im Inhaltsbereich „Staat und Wirtschaft“ führte bei KAMINSKI dazu, dass auch Elemente der Neuen Politischen Ökonomie in der Wirtschaftskunde verankert wurden.

Anhand einer eigenen Arbeitsblattreihe zur Neuen Politischen Ökonomie (Behrends 2007) kann ein solches Unterfangen beispielhaft konkretisiert werden. Die Eruierung der Konzepte von Public Choice erfolgt mit dem Ziel, „die Interdependenz von Wirtschaft und Politik zu verdeutlichen und aufzuzeigen, dass beide Bereiche nicht isoliert nebeneinanderstehen, sondern vielfältig miteinander verbunden sind“ (Behrends 2007, S. 35). BEHRENDS setzt in ihrer gelungenen Arbeitsblattreihe eigene Schwerpunkte im Feld der Neuen Politischen Ökonomie, die es den Schülerinnen und Schülern neben dem Kennenlernen der wichtigsten theoretischen Annahmen und Modelle ermöglichen, das in diesem Zusammenhang erworbene Wissen im Rahmen von Analyse und Beurteilung anzuwenden. Die hierbei gestellten Arbeitsaufträge können mit Hilfe von wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen, Erläuterungen und Fachbeiträgen, Auszügen von Originalquellen der Theoriebegründer sowie Karikaturen und Presseartikeln eindrucksvoll gelöst warden. [2]

  • [1] ‚Richtiges Handeln' wird in diesem Zusammenhang verstanden als „menschliches Handeln im allgemeinen und [..] ökonomisches Handeln im besonderen“ (Kaminski 1994, S. 23).
  • [2] Einer Verwendung dieser Arbeitsblattreihe im Politikunterricht steht in Anbetracht der hieraus möglich resultierenden Erkenntnisse und Einsichten, auch vor dem Hintergrund einer politikdidaktisch-adäquaten Herangehensweise nichts im Wege, insofern das Feld der Neuen Politischen Ökonomie als eine mögliche (Einzel-) Perspektive gekennzeichnet wird
 
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