Exkurs: Ruhen des Arbeitslosengeldes bei Abfindungszahlung
In der Arbeitsbescheinigung muss der Arbeitgeber auch angeben, ob der Arbeitnehmer aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung oder sonstige finanzielle Leistung erhält. Die Agentur für Arbeit benötigt diese Angabe, um prüfen zu können, wie lange das Arbeitslosengeld aufgrund der Abfindung ruht. Der wesentliche Punkt ist, dass ein Ruhen des Arbeitslosengeldes im Hinblick auf die Abfindung dann nicht eintritt, wenn bei einer Kündigung die geltende Kündigungsfrist eingehalten worden ist und bei einem Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht früher beendet worden ist, als dies durch eine zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages ausgesprochene fristgerechte Kündigung geschehen hätte können.
Ruhenszeit bei Einhaltung der Kündigungsfrist. Nach einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen fristgerechten Kündigung zum 30.6. einesjahres soll im Kündigungsschutzprozess ein Vergleich geschlossen werden, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der Kündigung zum Zeitpunkt des Auslaufens der Kündigungsfrist vorsieht und den Arbeitgeber verpflichtet, eine Abfindung von 5.000 Euro zu zahlen.
Da die Kündigungsfrist eingehalten ist, ruht das Arbeitslosengeld wegen der Abfindung nicht.
Konsequenterweise kann daher auch bei einer vorfristigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Arbeitslosengeld nicht länger ruhen als bis zu dem Zeitpunkt, zu dem das Arbeitsverhältnis bei Ausspruch einer fristgerechten Kündigung geendet hätte.
330Ruhenszeit bei vorfristiger Beendigung des
Arbeitsverhältnisses. Wie im obigen Fall, nur, dass im gerichtlichen Vergleich die Beendigung aufgrund der Kündigung auf den 31.5. vorverlegt wird.
Die Kündigungsfrist ist nicht eingehalten. Das Arbeitslosengeld ruht längstens bis 30.6. des Jahres.
Dieses „längstens“ muss betont werden, da die Dauer des Ruhens auch von der Höhe der Abfindung abhängt. Das Ruhen soll verhindern, dass der Arbeitslose Arbeitslosengeld für eine Zeit erhält, für die er Arbeitsentgelt bezogen hat. Dabei wird angenommen, dass die Abfindung einen Anteil Arbeitsentgelt enthält und einen Anteil Entschädigung für den Verlust des Arbeitsplatzes. Dementsprechend kann das Arbeitslosengeld nicht länger ruhen als der Entgeltanteil der Abfindung für eine Fortzahlung der Vergütung über den Beendigungstermin des Arbeitsverhältnisses hinaus reichen würde. Der Entgeltanteil ist gesetzlich festgelegt und beträgt maximal 60%, abhängig vom
Alter und von der Betriebszugehörigkeit ist er niedriger, unterschreitet aber nicht 25%. Die Einzelheiten ergeben sich aus der nachfolgenden Tabelle:
Betriebszugehörigkeit |
Lebensalter am Ende des Arbeitsverhältnisses |
|||||
in Jahren |
bis 40 |
ab 40 |
ab 45 |
ab 50 |
ab 55 |
ab 60 |
weniger als 5 |
60% |
55% |
50% |
45% |
40% |
35% |
5 und mehr |
55% |
50% |
45% |
40% |
35% |
30% |
10 und mehr |
50% |
45% |
40% |
35% |
30% |
25% |
15 und mehr |
45% |
40% |
35% |
30% |
25% |
25% |
20 und mehr |
40% |
35% |
30% |
25% |
25% |
25% |
25 und mehr |
35% |
30% |
25% |
25% |
25% |
25% |
30 und mehr |
30% |
25% |
25% |
25% |
25% |
|
35 und mehr |
25% |
25% |
25% |
25% |
War der Arbeitnehmer im letzten Beispiel 20 Jahre beschäftigt und 52 Jahre alt (Entgeltanteil 25% von 5.000 = 1.250, --) und verdiente er monatlich 3.500 Euro, ruht sein Arbeitslosengeld nicht bis zum Ablauf der hypothetischen Kündigungsfrist (30.06.), sondern nur bis etwa zum 11.6., da die Fortzahlung der Vergütung im Umfang 33,des Entgeltanteils nur bis dahin gereicht hätte (1.250: 3.500 * 30 = 11,7 Tage).
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber seiner Pflicht zur unverzüglichen Ausstellung und Aushändigung der Arbeits- bescheinigung nicht nachkommt?
Die Ausstellung der Arbeitsbescheinigung ist in erster Linie eine
Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber der Agentur für Arbeit. Diese muss daher den Arbeitgeber zur Erfüllung seiner Verpflichtung anhalten. Ein Arbeitgeber, der vorsätzlich oder fahrlässig eine Arbeitsbescheinigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ausstellt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 2.000 Euro geahndet werden kann. Es ist sicher ein wirksames Mittel, wenn die Agentur für Arbeit unter Androhung eines Ordnungsgeldes den Arbeitgeber zur Ausstellung der Arbeitsbescheinigung auffordert. In der Praxis geschieht dies allerdings selten.
Die Erstellung der Arbeitsbescheinigung und die Aushändigung an den Arbeitnehmer sind Nebenpflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis. Sie können daher auch mit einer arbeitsgerichtlichen Klage durchgesetzt werden. Bei Eilbedürftigkeit besteht die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung auf Ausstellung und Herausgabe der Arbeitsbescheinigung zu beantragen.
Was kann ich tun, wenn die Arbeitsbescheinigung unrichtig ausgefüllt ist?
Der Arbeitnehmer hat gegen den Arbeitgeber keinen Anspruch auf Berichtigung einer unrichtigen Arbeitsbescheinigung. Kommt es aufgrund der unrichtig ausgestellten Arbeitsbescheinigung zu einem für den Arbeitnehmer nachteiligen Bescheid der Agentur für Arbeit, kann er Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid beim Sozialgericht erheben.
Dieses Ergebnis ist unbefriedigend. Deshalb werden trotz dieser Rechtslage immer wieder Klagen auf Berichtigung einer Arbeitsbescheinigung auch bei den Arbeitsgerichten erhoben. Die Hoffnung der Betroffenen ist nicht ganz unberechtigt, dass eine Berichtigung 332der Arbeitsbescheinigung im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Vergleichs erreicht werden kann. Auch ohne Klage ist es empfehlenswert, streitige Fragen aus einer
Arbeitsbescheinigung nach Möglichkeit in einem arbeitsgerichtlichen Vergleich zu klären und damit eine Auseinandersetzung mit dem Arbeitsamt überflüssig zu machen.