Lernen als multidirektionales und interdisziplinäres Lernen
In den vorherigen Ausführungen zum Arbeiten in und mit einer Gruppe wurde deutlich, dass Lernen nicht nur über eine klassische unidirektionale LehrerSchüler-Beziehung stattfindet, sondern vielmehr auch zwischen den Teilnehmenden selbst. So regen viele Befragte, wie weiter oben beschrieben, den Austausch innerhalb der Gruppe bewusst an, „weil die lernen voneinander verdammt viel“ (B4: 23). Dies wird auf die Heterogenität, also die verschiedenen Erfahrungshintergründe, Ansprüche und Bedürfnisse der Teilnehmenden, zurückgeführt. Dabei betonen die Befragten, dass auch das Laienhafte und Unbedarfte in einer Herangehensweise besonders anregend sein könne und Lehren nicht unbedingt immer vom Erfahrenen ausgehen muss (vgl. B1: 76/B3: 19/B5: 25): „Aber darin sehe ich auch eine Chance in sozusagen in dem ungeschickten Umgang mit Form und Farbe, das daraus eine ganz eigene Lösungsmöglichkeit entsteht (...) also es sind immer wieder Anregungen, die auch aus dieser Ecke kommen von Leuten, die noch gar nicht so weit sind“ (B5: 25). Diese Gegenseitigkeit beim Lernen beschreiben die Befragten auch für die Beziehung zwischen sich selbst und den Teilnehmenden. Zwar würden die Lehrenden auch aufgrund ihres professionellen Hintergrundes und ihrer Rolle als Kursleiter/in stärker als Impulsgeber auftreten (vgl. B4: 25), doch würde auch die Beziehung zu den Teilnehmenden ein „Geben und Nehmen“ (B3: 19) sein und auf einer „Basis des Teilhabens und Teilens“ (B4: 27) beruhen, sodass auch für den Lehrenden eine „Rückkopplung“ (B5: 25) stattfinde, die ihn auch selbst zur Weiterentwicklung anrege, sowohl im künstlerischen als auch didaktischen Bereich (vgl. B3: 19/B4: 26-27/B5: 25). So zeigt sich das Lernen im Rahmen der Sommerakademie als multidirektionales Lernen, bei dem alle Beteiligten die Möglichkeit zur Weiterentwicklung erfahren.
Darüber hinaus sind Lernprozesse in der Sommerakademie auch durch die interdisziplinären Strukturen der Veranstaltungsform geprägt. Bereits innerhalb der Bereiche Bildende und Darstellende Künste werden durch die gezielte Zusammenstellung der Künstler/innen auch möglichst verschiedene Arten der Herangehensweise aufgezeigt, bspw. von der freien Malerei bis hin zum strengen akademisch orientierten Aktzeichnen (vgl. B5: 33/B4: 11). So können zum einen die differenten Bedürfnisse der Teilnehmenden gedeckt, aber auch Lernprozesse über diese hinaus angeregt werden, indem die Kurse untereinander Ergebnisse präsentieren oder sich besuchen. Diese Möglichkeit bestehe auch zwischen den Hauptbereichen, indem beispielsweise eine Zeichengruppe einen Tanzkurs besuche, um Bewegungsstudien anzufertigen. So könne das Interesse auch für scheinbar fremde Disziplinen geweckt werden (vgl. B2: 89/B5: 33). In diesem Kontext betonen die Befragten wieder, dass auch hier nicht nur die Teilnehmenden von diesen Erfahrungen profitieren, sondern dass auch die Lehrenden selbst über den Kontakt mit anderen Kursleitenden ihren Erfahrungsraum erweitern: „Und das war (...) unglaublich spannend für Bildende Künstler zu sehen, dass ich ähnlich arbeite wie sie (...) und das ist mir aber auch erst bewusst geworden, weil ich durch die Werkstätten gegangen bin“ (B2: 89).
Die Strukturen der Sommerakademie bieten den Lehrenden also die Möglichkeit, Lernprozesse multidirektional und interdisziplinär anzulegen, indem Chancen der Partizipation innerhalb des Kurses, innerhalb des eigenen Bereiches und zwischen den verschiedenen Bereichen eröffnet werden.