Förderung der künstlerischen Selbstständigkeit

Die vorherigen Ausführungen deuten bereits auf die von den Befragten ausgemachte Aufgabe hin, die künstlerische Selbstständigkeit der/des Teilnehmenden zu fördern. Vordergründig ist dabei die Ausbildung eines künstlerischen Blicks – „dass man das Schauen lernt“ (B1: 14) – der das Motiv nicht nur über den Sehsinn aufnimmt, sondern hinsichtlich des eigenen Vorhabens reflektiert und entsprechend in Szene setzt. Zu einer künstlerischen Selbstständigkeit gehöre nämlich insbesondere das Schöpferisch-Werden, Erfinden und Kreieren des Neuen (vgl. B1: 44/B4: 77), was sich vor allem in dem persönlichen Duktus, also der individuellen Ausdrucksart wiederspiegele, die den/die Künstler/in von anderen Kunstschaffenden abgrenze (vgl. B1: 38/B4: 17/B5: 13). Um in künstlerischer Hinsicht „Laufen (zu) Lernen“ (B4: 23), bedarf es deshalb eines hohen Einsatzes seitens der Teilnehmenden in Form einer sowohl körperlichen wie geistigen Auseinandersetzung mit dem eigenen Kunstschaffen. Die Intensität der Veranstaltungsform Sommerakademie ermögliche in relativ kurzer Zeit diese Konfrontation, indem die Teilnehmenden sich sowohl schöpferisch als auch erschöpft wahrnehmen, ihre Grenzen austesten und Lösungen zur Überwindung dieser entwickeln können (vgl. B1: 44/B3: 59/B4: 77). Die Kursleitenden verweisen in diesem Zusammenhang auf ihre „Begleitfunktion“ (B1: 46) bei diesen Prozessen, die ein Stück weit auch Prozesse der Verleiblichung sind, also in die Wahrnehmungsund Ausdruckslogiken der Teilnehmenden übergehen. An dieser Stelle verweist B4 auch darauf, dass die künstlerische Potenz, zumindest aber der Drang zur künstlerischen Entfaltung bereits im Menschen angelegt und „so was ganz Ursprüngliches ist“ (B4: 77). Aufgabe der Kursleitenden sei es deshalb, beim Entfalten dieser Anlagen zu unterstützen, also „zum Spielen (zu) verführen“ (B2: 9), sodass der Teilnehmende sich dieser bewusst wird und später eigenständig zum Einsatz bringen kann. Mit einer solchen wachsenden künstlerischen Selbstständigkeit findet auch eine zunehmende Ablösung vom Kursleitenden statt, was wiederum auf den eigenen Lehrerfolg zurückgeführt wird: „So eine Selbstständigkeit ist für mich eher die Bestätigung, dass es [gemeint ist die Art der Lehre, C.S.] funktioniert“ (B4: 23). Diese Verselbstständigung kann zu einer solchen Professionalisierung führen, dass der Status des Lernenden zeitweise verlassen wird, weil die Teilnehmenden „eigentlich Künstler geworden sind (...) also sind dann sozusagen Kollegen geworden“ (B5: 43). In diesem Zusammenhang verweisen die Befragten auch noch mal auf ein die Sommerakademie prägendes multidirektionales Lernen zwischen Teilnehmenden und Kursleitenden, das insbesondere über die beschriebene Entwicklung der künstlerischen Selbstständigkeit seitens der Teilnehmenden befördert wird: „ Ja das ist ja wirklich sozusagen so ein doch dynamischer Prozess zwischen uns, zwischen den Teilnehmern und den Lehrenden“ (B5: 29).

 
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