Schädliche und nützliche Auswirkungen der Prokaryonten auf den Menschen

Bakterielle Krankheitserreger

Alle bis heute bekannten pathogenen Prokaryonten sind Bakterien und sie haben ihren negativen Ruf zu Recht. Bakterien verursachen beim Menschen ungefähr die Hälfte aller Krankheiten. Rund zwei Millionen Menschen sterben jährlich an der Lungenkrankheit Tuberkulose, die vom Gram-positiven Mycobacterium tuberculosis verursacht wird. Weitere zwei Millionen fallen jedes Jahr Durchfallerkrankungen zum Opfer, für die häufig ebenfalls Bakterien verantwortlich sind.

Manche bakteriellen Erkrankungen werden durch Eukaryonten übertragen, beispielsweise durch Flöhe (Siphonaptera), Stechmücken (Culicidae) oder Zecken (Ixodida). Eine in Deutschland weit verbreitete Krankheit, die von Schädlingen übertragen wird, ist die Borreliose (=> Abbildung 27.10), Ihr Erreger, der Spi-rochaet Borrelia burgdorferi, wird von Zecken übertragen. Unbehandelt kann eine Borreliose schwere Arthritis, Herzkrankheiten und Nervenleiden nach sich ziehen. In der Anfangsphase ist Borreliose jedoch erfolgreich mit Antibiotika behandelbar.

In der Regel verursachen pathogene Prokaryonten eine Krankheit, da sie Giftstoffe produzieren, die man in Exotoxine und Endotoxine unterteilen kann. Exotoxine sind Proteine mit einer enzymatischen Wirkung, die von bestimmten pathogenen Bakterien ausgeschieden und anschließend von der Zielzelle aufgenommen werden. Die Cholera, eine gefährliche Durchfallerkrankung, wird von einem Exotoxin des Gamma-Proteobakteriums Vibriocholerae verursacht. Das Exotoxin regt die Zellen dazu an, Chloridionen in den Darm abzugeben und den Ionen folgt durch Osmose das Wasser. Dies führt zu wässrigem Stuhl und der oft lebensbedrohenden Austrocknung des befallenen Menschen.

Als Endotoxine bezeichnet man Lipopolysaccharidbestandteile der Außenmembran Gram-negativer Bakterien. Anders als die Exotoxine werden sie nur dann freigesetzt, wenn die Bakterien absterben und ihre Zellwände sich auflösen. Zu den Bakterien, die Endotoxine besitzen, gehören verschiedene Arten der Bakterien-Gattung Salmonella, die in gesunden Tieren normalerweise nicht vorkommt. 5. typhi beispielsweise verursacht Typhus und manche anderen Arten der gleichen Gattung, zum Beispiel die in Geflügel vorkommende S. enteriditis, lösen eine mit Durchfall und Fieber einhergehende Lebensmittelvergiftung aus.

Seit dem 19. Jahrhundert haben sich die Gefahren, die von pathogenen Bakterien ausgehen, in den Industrieländern durch verbesserte hygienische Verhältnisse und den zunehmenden medizinischen Fortschritt stark reduziert. Auch Antibiotika haben viele Menschenleben gerettet und die Krankheitshäufigkeit gesenkt. Derzeit entwickelt sich jedoch bei vielen Bakterienstämmen zunehmend eine Antibiotikaresistenz. Die schnelle Vermehrung der Bakterien schafft die Möglichkeit, dass Resistenzgene sich durch natürliche Selektion in Bakterienpopulationen schnell ausbreiten. Durch horizontalen Gentransfer können solche Gene auch auf andere Arten übertragen werden.

Durch horizontalen Gentransfer können sich auch Gene ausbreiten, die Virulenz verleihen und ansonsten harmlose Bakterien in tödliche Krankheitserreger verwandeln. E. coli zum Beispiel ist normalerweise ein harmloser Kommensal im Darm des Menschen. Es haben sich aber auch Stämme entwickelt, die einen blutigen Durchfall verursachen.

Die Borreliose

Abbildung 27.10: Die Borreliose.

MERKE I

Exotoxine sind Proteine mit einer enzymati- I sehen Wirkung, die von bestimmten pathogenen Bakterien ausgeschieden und anschließend von der Zielzelle aufgenommen werden.

MERKE I

Als Endotoxine bezeichnet man Lipopolysaccharidbestandteile der Außenmembran Gramnegativer Bakterien. Anders als die Exotoxine werden sie nur dann freigesetzt, wenn die Bakterien absterben und ihre Zellwände sich auflösen.

VERSTÄNDNISFRAGEN

  • 1. Nennen Sie mindestens zwei Wege, auf denen Prokaryonten heute positive Auswirkungen auf unser Leben ausüben können.
  • 2 Das Toxin eines pathogenen Bakteriums verursacht Symptome, durch die das Bakterium gröBere Chancen hat von einem zu einem anderen Wirt zu gelangen. Sagt diese Information etwas darüber aus. ob es sich bei dem Gift um ein Exotoxin oder ein Endotoxin handelt’ Begründen Sie Ihre Antwort. Hinweis. Denken Sie hierbei zum Beispiel an eine Durchfallerkrankung wie Cholera.
  • 3. Was wäre, wenn? Schlagen Sie neben dem horizontalen Gentransfer eine weitere Hypothese vor, mit der man erklären könnte, warum pathogene E. co/i-Stämme Gene besitzen, die bei nicht pathogenen nicht vorkommen. Wie könnte man Ihre Hypothese überprüfen?

Prokaryonten in Forschung und Technik

Wir ziehen aus den Stoffwechselleistungen der Bakterien und Archaea in vielfacher Hinsicht einen großen Nutzen Milchsäurebakterien werden beispielsweise schon seit Jahrtausenden verwendet, um Milch in Käse und Joghurt zu verwandeln. In den letzten Jahren führten die erweiterten Kenntnisse über Prokaryonten zu einer Fülle neuer Anwendungsgebiete in der Biotechnik, zwei Beispiele sind die Verwendung von E. coli bei der Klonierung und von Agro-bacterium tumefaciens zur Herstellung transgener Pflanzen wie Goldreis (siehe Kapitel 20).

Prokaryonten sind auch die wichtigsten Partner bei der biologischen Sanierung, das heißt dem biologischen Abbau von Schadstoffen im Boden, in der Luft oder im Wasser mithilfe von Mikroorganismen. So zersetzen beispielsweise anaerobe Bakterien und Archaea in einer Kläranlage das organische Material im Abwasser und setzen es zu Faulschlamm um, den man nach seiner Sterilisierung als Düngemittel verwenden kann.

Mith Ife der Gentechnik kann man heute Bakterien so abwandeln, dass sie Vitamine, Antibiotika, Hormone und viele andere Produkte herstellen (siehe Kapitel 20).

 
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