Universitätsaufsicht und universitäre Selbstverwaltung im Mittelalter bis in die Neuzeit
Die Idee der Universität und die ersten Universitäten in Paris und Bologna im 11. und 12. Jahrhundert entwickelten sich in Anlehnung an die Klosterbzw. Rechtsschulen als Zusammenschlüsse von Lehrenden und Studierenden (Ruegg 1993: 23ff; Ellwein 1985: 23). Die formale Anerkennung und der eigenständige Verwaltungsstatus der ersten mittelalterlichen Universitätsgründungen in Bologna und Paris ergaben sich zunächst aus der Notwendigkeit, die unklare rechtliche Situation und den Schutz der „ortsfremden Scholaren“ zu klären (Roellecke 1996: 5-9). Mit der Anerkennung der Scholaren als Korporation im Sinne einer eigenständigen Rechtsgemeinschaft gingen auch die sukzessive Übertragung einer eigenen Gerichtsbarkeit, das Recht zum Erlass eigener Statuten sowie Privilegien im Hinblick auf die Selbstverwaltung und die Bewirtschaftung ihrer Güter einher (Roellecke 1996: 13).
Bereits die Gründungen in Bologna und Paris brachten strukturell zwei Grundtypen hervor, die als ideelles Vorbild für die zahlreichen Gründungen von Universitäten in ganz Europa ab dem 13. Jahrhundert fungierten (Ellwein 1985: 23ff.). Gemeinsam war diesen beiden Institutionen, dass sie als ständische Korporationen mit eigener Vermögensfähigkeit verfasst waren und ihre Freiheitsrechte sowie Privilegien durch die Kirche bzw. den Papst garantiert wurden. Bei der Universität in Paris, deren Organisationsprinzipien auch für die Universitätsgründungen in den deutschen Gebieten zum Leitbild wurde (Kluge 1958: 25), oblag die Gerichtsbarkeit und Verantwortung für die Scholaren dem Bischof, der die unmittelbare Aufsicht auf ein Mitglied des Domkapitels, den Kanzler, übertrug (Roellecke 1996: 8). Als Repräsentant der Kirche fungierte der Kanzler als „Überwachungsorgan“ für das Unterrichtswesen und wirkte bei der Verleihung akademischer Grade mit (Pleyer 1955: 7). Damit bedeutete das Kanzleramt sowohl für die Universität in Paris als auch den nach ihrem Vorbild gegründeten Kanzleruniversitäten in Deutschland Schutz und überregionale Geltung (Pleyer 1955: 8).