Stand der Forschung
Die bisher im Forschungsfeld erzielten empirischen Erkenntnisse sowie die zum Teil hierauf aufbauenden theoretischen Positionen und Hypothesen lassen sich wie folgt zusammenfassen.
Zur räumlichen Identifikation
Dem Forschungsstand entsprechend scheint eine beträchtliche Anzahl von Variablen potentiell von Bedeutung für die Prozesse räumlicher Identifikation zu sein. Einige dieser Variablen werden Studien übergreifend als bedeutsame Faktoren verstanden, die räumliche Identifikation ermöglichen und bestärken (z.B. Wohndauer, Besitz von Wohneigentum, Geburt und Primärsozialisation im Identifikationsraum, größere Anzahl raumbezüglicher sozialer Kontakte und Netzwerke, Image des Raumes und antizipierte Fremdsicht relevanter Außenstehender).
Bezüglich einiger Variablen bestehen im Vergleich verschiedener Studien zudem zum Teil konkurrierende Hypothesen und Folgerungen. So ist beispielsweise nicht klar, ob und inwiefern Alter, Geschlecht, Bildungsgrad, Einkommenshöhe und das Vorhandensein von Kindern (im Haushalt) einen Einfluss – und wenn ja: welchen? – auf Art und Ausmaß der Identifikation ausüben, weil hierzu voneinander abweichende Positionen vertreten werden.
Letztlich wird in keiner der empirischen Studien ein systematischer Zusammenhang zwischen Kultur und räumlicher Identifikation hergestellt, obwohl beide Themenfelder an anderer Stelle jeweils als überaus bedeutsam für die Entwicklung von Städten angesehen werden und zuweilen gar beide Themen als Teile eines Ganzen verstanden werden und demnach gar nicht unbedingt getrennt voneinander zu untersuchen seien.
Zudem widmen sich die vorliegenden Studien zur räumlichen Identifikation zumeist ausschließlich der – theoretisch fundierten – Erklärung verschiedener Intensitätsgrade räumlicher Identifikation und nicht der detaillierten Beschreibung und einer ggf. dann anschließenden Erklärung verschiedener Modi derselben.
Eine ebenso systematische Integration verschiedener, möglichst aller Bedeutungsebenen räumlicher Identifikation, wie sie im Rahmen der begrifflichen Gegenstandsbestimmung herausgearbeitet wurden, findet lediglich in Ansätzen statt, was vermutlich dem quantitativ-variablenorientierten Zuschnitt der Studien geschuldet sein dürfte.
Letztlich widmen sich die Arbeiten auch jeweils der Frage, warum Menschen sich (wie stark) mit ihrem Raum/ihrer Stadt identifizieren. Der durchaus interessanten Umkehrung der Fragerichtung, warum also Menschen sich räumlich gerade nicht identifizieren, wird deutlich weniger Aufmerksamkeit gewidmet.
- [1] 56 Vgl. Treinen (1965), Lalli (1992), Gebhardt u.a. (1995), Mühler; Opp (2004), Richter (2013), Petzold (2013), Zenker; Petersen (2014)