Mensch vs. Stadt
Die vorgestellten theoretischen Positionen unterscheiden sich letztlich auch dahingehend, ob im Zentrum der Überlegungen Menschen und deren Lebensverhältnisse stehen oder Städte und deren Integrität. Während beispielsweise IPSEN ausdrücklich die Verbesserung der Lebensverhältnisse von Menschen in Städten und Regionen angesichts der Unüberschaubarkeit der Gegenwart im Blick hat, die durch sein Konzept der regionalen Identität herbeigeführt werden könne, konstruiert LÖW eine sich verschärfende Konkurrenzsituation zwischen Städten. Das Mittel, um diese verschärfte Konkurrenzsituation erfolgreich meistern zu können, liegt demnach in der Entdeckung der Wesensund Besonderheiten, der Eigenlogik eben, der jeweiligen Stadt.
Wenn die Stadt ins Zentrum des Interesses gerückt wird, besteht, so lässt sich aufgrund der Kontrastierung von Stadtsicht und Bewohnersicht (so wie hier umgesetzt) vermuten, die Gefahr oder zumindest die Möglichkeit, dass die Lebensverhältnisse der Bewohner zur Nebensache geraten, während die Attraktivitätssteigerung der Stadt absolut gesetzt wird. Das stellenweise auftretende Auseinanderdriften von Image und Identifikation lässt sich in diesem Zusammenhang auf die Ausrichtung an der Attraktivitätssteigerung der Stadt (für Außenstehende) zurückführen. Dies wiederum führt dazu, dass ein Widerspruch zwischen propagiertem Image und erlebter Binnensicht entsteht.
Ob also die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Bewohner einer Stadt oder die Stadt selbst in deren (wirtschaftlicher) Integrität und allgemein bezüglich deren 'Zukunftsfähigkeit' – was immer darunter jeweils zu verstehen sein mag – im Zentrum des Interesses stehen, ist von Bedeutung, weil beide Perspektiven entweder nicht gleichermaßen berücksichtigt werden können oder dies – aus welchen anderen Gründen auch immer – nicht getan wird.