Dimensionen der Professionalisierung

Strategische Partnerschaften – Voraussetzung erfolgreicher Interessenvermittlung

Netzwerkbildung und Partnerschaften als konstitutive Elemente des Organisationshandelns sind wesentliche Professionalisierungsmerkmale. Sie lassen sich mit der Kontrolle externer Unsicherheit, dem Ausbau von Überzeugungskraft und Verhandlungsmacht angesichts starker Gegner sowie als direkte Reaktion auf die Präferenzen der EU-Institutionen erklären. Unabhängig davon, ob NGOs Eliteoder Öffentlichkeitsstrategien verfolgen sind Netzwerke elementar, um ihre Handlungsund Einflusschancen zu erhöhen (Schubert 2004: 18; Kelly 2002: 6; Coates & David 2002: 534f). Denn effektive Einflussnahme erfordert nicht nur Zugang zu politischen Institutionen und öffentliche Unterstützung, sondern auch strategische Partnerschaften mit zivilgesellschaftlichen wie politischen Akteuren, der Wissenschaft, den Medien und sogenannten Insidern (Rek 2007). Besonders im EU-Kontext, indem sich NGOs oft mit ressourcenstärkeren Wirtschaftsinteressen konfrontiert sehen, erweisen sich diese Allianzen als Erfolgsfaktoren. Infolgedessen haben sich NGOs in diesem Aspekt professionalisiert. Sie haben sich verstärkt der Netzwerklogik der EU angepasst und sich auf EUEbene zusammengeschlossen, um in gewissen Politikfeldern präsenter zu sein, Zugang zu den relevanten Akteuren zu bekommen oder „an den Schnittstellen mehrerer EU-Verbände besser organisiert zu sein“ (Kohler-Koch & Buth 2011:

171) und damit ihre Ressourcen zu bündeln, ein höheres Maß an Kooperation bzw. Koordination ihrer Aktivitäten zu ermöglichen und Informationsaustausch zu erleichtern.

Auf den Stellenwert von Informationen als Einflussnahmefaktor wurde bereits eingegangen. Mangelt es einer NGO an Ressourcen, um selbstständig ausreichend Hintergrundinformationen zu erlangen, muss sie Netzwerke aufbauen, um die zur Interessenvermittlung nötige Expertise zu kumulieren (Take 2002: 59). Auf diesem Weg gelingt es, ein Maß an Wissen und Kompetenzen zu generieren, das für eine NGO kaum zu realisieren wäre. Außerdem erleichtert effektive Netzwerkbildung Interessenbündelung und die Ausarbeitung gemeinsamer Forderungen, sodass sich NGOs auf eine breitere Basis berufen und folglich ihre Repräsentativität erhöhen können. Gleichermaßen präferieren die EU-Organe den Kontakt zu Netzwerken, im Gegensatz zu Einzelakteuren [1]. So bevorzugt die Kommission Gesprächspartner, die das Meinungsspektrum aus den Mitgliedsstaaten bereits zu einer Position kanalisiert haben (Kohler-Koch 2012), weshalb sie die Netzwerkbildung aktiv fördert (Warleigh 2001). Insofern trägt der Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur maßgeblich zur Steigerung politischer Macht bei (Kristan 2007; Furtak 2001: 80) und stellt eine zentrale Voraussetzung für erfolgreiches Handeln im EU-System dar.

  • [1] Scholte (2007: 321) stellt die gleiche Diagnose für Internationale Organisationen
 
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