Georg Büchner: Woyzeck

Einführung

Als Repräsentant der sozialen Unterschicht ist Woyzeck der Bezugspunkt nahezu aller Handlungen im Drama. Um den Unterhalt für sich, seine Freundin Marie und ihr uneheliches Kind bestreiten zu können, muss er sich zusätzlich zur Tätigkeit als Soldat noch als Barbier sowie als Versuchsobjekt für den Doctor verdingen. Seine hierarchisch niedrige Stellung manifestiert sich nicht nur in den gesellschaftlich geringgeschätzten Anstellungen, sondern auch in seinen sozialen Beziehungen. Mit Ausnahme der Beziehung zu Marie, deren Liebe jedoch erloschen scheint, befindet sich Woyzeck stets in Verhältnissen, die ihn nicht zum handelnden Subjekt machen, sondern zum behandelten Objekt.

Zunehmende Rastlosigkeit ist das Resultat seiner zahlreichen Arbeiten. Während er in diesem Zuge und als Konsequenz aus den menschenunwürdigen Experimenten des Doctors sukzessive den Bezug zur Realität verliert, verfällt Marie dem Imponiergehabe des Tambourmajors, der sie mit Komplimenten und Geschenken im Laufe des Dramas für sich gewinnt. Er scheint jedoch weniger aus Liebe zu Marie getrieben, denn aus der Selbstbefriedigung seiner männlichen Komplexe, die sich in einem überzogenen Selbstbild und dem Bedürfnis der Profilierung gegenüber Personen des gleichen Geschlechts in Form von Schlägereien äußern.

Woyzecks Vermutungen über eine Affäre Maries gedeihen, als er sie mit den geschenkten Ohrringen des Tambourmajors erwischt. Diese versucht sich in dieser Szene noch herauszureden, wird jedoch in der Wirtshaus-Szene von Woyzeck beim rauschartigen Tanzvergnügen mit dem Tambourmajor beobachtet, worin Woyzeck seine Vermutungen bestätigt sieht. War doch all sein Streben bisher auf das Wohlergehen seiner Familie gerichtet, bricht nun auch die vermeintlich letzte Stütze seines Lebens ein. Was ihn fortan niederdrückt sind die Rachegedanken eines Mannes, auf dem sich die Welt immerfort die Füße abtritt, was schließlich im Kauf eines Messers mündet. Nach einem Spaziergang, beim See angekommen, geht sein Rachewunsch in den finalen Akt über. Er ersticht Marie und flieht daraufhin zum Wirtshaus. Dort angekommen, wird er hinsichtlich der Blutspuren an seiner Kleidung befragt, woraufhin ihm einfällt, dass er die Tatwaffe am See vergessen hat. Zurückhastend wird er von Stimmen und herbeieilenden Menschen gestört. So wirft er das Messer schlichtweg ins Wasser und flieht, noch bevor ihn jemand erkennen kann. Mit den Spekulationen über den Mord endet Büchners Fragment.

 
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