Unterrichtseinheit 2:„Identität“ und politische, kulturelle, geographische„Heimat“

Das Thema „Identität“ wird in Bernhards Heldenplatz wiederholt angesprochen und kann auch für den Politikunterricht aufgegriffen werden. Einen inhaltlichen Anknüpfungspunkt bietet v. a. die Situation der Familie Schuster, welche sich weder in Österreich noch in England, weder in der Stadt, noch am Land zu Hause oder von anderen akzeptiert fühlt:

[…] wir sind in die Österreichfalle gegangen Wir haben alle gedacht wir haben ein Vaterland

Aber wir haben keins […]. (Bernhard 1989, S. 163)

Der Vater hat sich ja vor Oxford gefürchtet alle die er gekannt hat

sind weggestorben

er hätte ja gar niemanden mehr gehabt in Oxford Wien ist ihm verhaßt gewesen

aber in Oxford hätte er nichts mehr gefunden das ihm vertraut gewesen ist

auch in Oxford hat sich alles verändert. (Bernhard 1989, S. 61)

Weiters schwingt das Thema Identität mit, wenn es darum geht, die Situation Österreichs in der Nachkriegszeit zu problematisieren. Fragen nach der Instrumentalisierung oder Propagierung von Kultur, Kunst, Sport etc. für politische Zwecke können hier aufgeworfen werden. Besonders bedeutsam erscheint in diesem Zusammenhang auch die (fehlende) Aufarbeitung der NS-Vergangenheit durch die Österreicherinnen und Österreicher. Die Tabuisierung, Verdrängung oder Vertuschung von Verbrechen führte mitunter zu biographischen Brüchen, schamhaftem Schweigen oder sogar gesteigerter Aggression:

Vor achtunddreißig hatten sich die Wiener an die Juden gewöhnt gehabt

aber jetzt nach dem Krieg gewöhnen sie sich nicht mehr an die Juden. (Bernhard 1989, S. 114)

Die Identitätsthematik wirft eine Vielzahl von Fragen auf,u. a.: Was ist Identität? Wodurch wird Identität konstituiert? Was passiert, wenn Teile der Identität tabuisiert werden? Wie sehr können politische Umstände die persönliche Identität prägen?

Da es in Bernhards Heldenplatz ganz wesentlich um diese letztgenannte Frage geht, erscheint es sinnvoll, diese zum Ausgangspunkt für eine textproduktive Auseinandersetzung mit dem Drama zu nehmen. Hierzu wählen die Lernenden eine Figur aus dem Stück aus und beschreiben deren Identitätsmerkmale/Persönlichkeit. In Einzeloder Partnerarbeit wird dazu folgende Aufgabenstellung bearbeitet:

Diese Übung fördert die politische Urteilskompetenz und hierbei insbesondere die Fähigkeit, sich in eine Figur hineinzuversetzen und deren Perspektive einzunehmen. Zudem kann diese Übung zugleich zur Reflexion der eigenen Identität verhelfen, sodass die Auseinandersetzung mit der Thematik persönlich bedeutsam, aber dennoch vermittelt durch eine Rolle stattfinden kann.

 
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