Unterrichtseinheit 3: Der Umgang mit Klischees und Vorurteilen

Wie bereits in der vorhergehenden Unterrichtssequenz erarbeitet wurde, werden im Stück Heldenplatz eine Reihe von Klischees und Vorurteilen genannt. Diese spielen nicht nur im Stück selbst eine tragende Rolle, sondern auch beim Skandal, der vor der Premiere des Stückes ausbrach. Im Unterricht können diese Klischees aufgegriffen werden, um näher auf die Inhalte einzugehen. Das Stück sollte bei dieser Unterrichtssequenz bereits gelesen worden sein. In Kleingruppen könnten sich die Lernenden zum Einstieg einer der folgenden Fragen widmen:

Weiters sammeln die Arbeitsgruppen Ideen zum Thema Klischees und Vorurteile im Stück, die sie auf Plakaten festhalten und in der Klasse aufhängen, wobei die Ergebnisse anschließend nochmals im Plenum diskutiert werden sollten.

Obwohl Thomas Bernhard in Heldenplatz ganz Österreich und die Missstände in diesem Land anprangert, werden auch Personen, Institutionen und Medien klischeehaft angesprochen,u. a.: „Sozialisten“, „Wiener“, „Politiker“, „Intellektuelle“, „Caritasdirektoren“, „Architekten“, „Engländer“, „Parteien“, die Kirche (der Papst), das Burgtheater, der Musikverein, Bundespräsident Kurt Waldheim, Bundeskanzler Franz Vranitzky, der Direktor der Nationalbibliothek, die „Kronenzeitung“, der „Kurier“ usw.

Weiterführend sollte im Plenum besprochen werden, welche Wirkung Thomas Bernhard durch das Mittel der Übertreibung und Verallgemeinerung erzielt.

Auseinandersetzung mit Sigrid Löfflers Artikel: Hinaus mit dem Schuft!

Dadurch, dass Bernhard viele Klischees in seinem Stück bemühte, fühlten sich dementsprechend auch viele Menschen verschiedenster Bevölkerungsgruppen angesprochen und vor allem angegriffen. Thomas Bernhard galt als der Hauptschuldige an dem „Skandal“, der dadurch ausgelöst wurde, dass die Presse bereits vor der Premiere von Heldenplatz die Aussagen der Figuren aus dem Stück als die persönliche Meinung des Autors darstellte. Aber auch Claus Peymann, der damalige Direktor des Wiener Burgtheaters, galt als zentrale Figur des HeldenplatzSkandals. Angeblich habe er von Problemen innerhalb des Burgtheaters ablenken wollen und deshalb das Skandalstück, noch dazu durch Steuergelder finanziert, inszeniert.

Im Zusammenhang mit der Debatte rund um Heldenplatz stand Peymanns und Bernhards Intention, das Stück bis zu den Feierlichkeiten des hundertjährigen Jubiläums des Burgtheaters am 14. Oktober 1988 geheim zu halten. Natürlich war ihnen bewusst, wie brisant das Stück wirken würde. Dieser ursprüngliche Plan des Autors und des Intendanten misslang jedoch und das Stück geriet bereits vor seiner Premiere unter noch immer ungeklärten Umständen an die Öffentlichkeit. Als erste schrieb Sigrid Löffler, eine Kulturjournalistin, im Nachrichtenmagazin profil in zwei Artikeln über das Stück. Diese Artikel blieben von der Öffentlichkeit jedoch weitgehend unbeachtet. Erst, als sich die auflagenstärkste Zeitung, die Kronen Zeitung, zu dem Stück äußerte, brach die Entrüstung in der Öffentlichkeit aus. Verstärkt wurde der Unmut in der Öffentlichkeit durch Zitate namhafter, vor allem rechts-konservativer Politiker, die sich dadurch einen Wählerzulauf erhofften.

Um sich den in der Diskussion um Heldenplatz relevanten Klischees und Vorurteilen im Unterricht anzunähern, sollen die Schülerinnen und Schüler zunächst den Artikel Hinaus mit dem Schuft! von Sigrid Löffler (17.10.1988) lesen. Anschließend können die verschiedenen, von Sigrid Löffler beschriebenen Positionen zur „Heldenplatzpremiere“ (von Politikerinnen und Politikern, Schauspielerinnen und Schauspielern, der Burgtheaterleitung und von den „Österreichern“ respektive „Österreicherinnen“) herausgearbeitet werden. In einem weiteren Arbeitsschritt

Abb. 2 Beispiel für eine Karikaturenanalyse zum Stück Heldenplatz Karikatur vom 13.10.1988 in der Zeitung Samstag erschienen. Die Premiere von „Heldenplatz“ fand am 04.11.1988 statt.

sollten die Schülerinnen und Schüler dann einige der Klischees oder Vorurteile, die der Text behandelt, rekonstruieren.

 
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