Rang und Inverse

Der Rang einer Matrix ist ein komplexes Konzept, dessen Bedeutung hier nur angerissen werden kann. Der Zeilenbzw. Spaltenrang entspricht der maximalen Zahl der linear unabhängigen Zeilen-/Spaltenvektoren, in die eine Matrix zerlegt werden kann. Da Zeilenund Spaltenrang stets identisch sind, genügt es, hier den Spaltenrang zu betrachten.

Eine Menge von Vektoren v1, v2, ••• ist dann linear unabhängig, wenn keiner der Vektoren als lineare (auf einer gewichteten [1] Addition basierende) Kombination der anderen Vektoren darstellbar ist.

Matrix V aus Gl. (2.10) lässt sich durch Partitionierung (Gl. (2.3)) in drei Spaltenvektoren v1, v2 und v3 zerlegen. Von diesen drei Vektoren sind aber nur zwei linear voneinander unabhängig, da sich der dritte als Kombination der beiden anderen darstellen lässt (−1 × v1 + 2 × v2 = v3 oder 0.5 × v1 + 0.5 × v3 = v2 etc.). V hat deshalb den Rang 2.

Vereinfacht dargestellt ist der Rang ein Maß für den Informationsgehalt einer Matrix. Quadratische Matrizen, bei denen der Rang gleich der Zahl der Spalten bzw. Zeilen ist, haben „vollen“ Rang und heißen nicht-singulär oder invertierbar, weil zu ihnen eine INVERSE existiert.

Die Inverse kann als das matrixalgebraische Gegenstück zum Kehrwert eines Skalars betrachtet werden. Multipliziert man einen Skalar k mit seinem Kehrwert 1 = k−1, so erhält man den Wert 1. Multipliziert man eine Matrix A, die m Zeilen/Spalten hat, mit ihrer Inversen A−1, so erhält die Einheitsmatrix Im (vgl. Gl. (2.5), Seite 18). Das folgende Beispiel illustriert den Zusammenhang:

Die Suche nach der Inversen einer Matrix lässt sich prinzipiell als Anwendung einer Serie sogenannter Elementaroperationen rekonstruieren, mit deren Hilfe die Ausgangsmatrix schrittweise in eine Einheitsmatrix transformiert wird. Solche Elementaroperationen 1) vertauschen zwei Zeilen einer Matrix, 2) multiplizieren jedes Element einer Zeile mit einem Skalar ungleich 0 oder 3) fügen zu einer Zeile ein Vielfaches (ungleich 0) einer anderen Zeile hinzu. Implementiert werden diese Elementaroperationen durch Prämultiplikation mit einer Einheitsmatrix, an der die entsprechende Operation bereits vorgenommen wurde (Namboodiri 1984, S. 29). Für die Matrix M = 1 2 ist dies beispielsweise mit folgenden Schritten möglich (die Matrizen E1 E2, E3 implementieren dabei die Elementaroperationen, Z1 und Z2 repräsentieren die Zwischenergebnisse):

Die Inverse ergibt sich, indem die verschiedenen Zwischenschritte zusammengefasst werden:

Bei dem hier dargestellten Verfahren handelt es sich um eine Variante der

Gauß-Elimination. In der Praxis ist diese Vorgehensweise für größere Matrizen zu aufwendig. Stattdessen werden Computerprogramme verwendet, in denen spezialisierte und sehr effiziente Algorithmen implementiert sind.

Dennoch ist es wichtig, das Konzept der Inversen zu verstehen, weil dies für die Anwendung linearer Modelle (zu denen die Strukturgleichungsmodelle zählen) von zentraler Bedeutung ist: Das Invertieren der Kovarianzmatrix ist ein wichtiger Zwischenschritt bei der Berechnung der Parameterschätzungen. Wenn zu einer empirischen Datenmatrix keine Inverse existiert, ist das Modell nicht schätzbar,

d. h. nicht „identifiziert“ (vgl. Abschn. 2.6.3, Seite 61). Zu erkennen ist dies in der Regel an einer Fehlermeldung des Programms, die darauf hinweist, dass eine bei der Schätzung verwendete Matrix nicht „positiv-definit“ (und damit u. a. nicht invertierbar, siehe Kline 2010, S. 49–51) ist.

  • [1] Die „Gewichtung“ bezieht sich hier einfach darauf, dass jeder Vektoren bei der Addition mit einem zusätzlichen Faktor multipliziert werden kann
 
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