Das Fallbeispiel

Die Konfliktgeschichte Kosovos

Das folgende Kapitel soll die Konfliktgeschichte der Region Kosovo nachzeichnen. Dabei soll es nicht darum gehen, die viel diskutierte Frage zu erörtern geschweige denn zu beantworten, ob Serben oder Kosovo-Albaner einen Anspruch auf das Gebiet aus der (Siedlungs-)Geschichte ableiten können. Auch deshalb wird im Wesentlichen darauf verzichtet, die Region in Zeiten des tausendjährigen byzantinischen Imperiums, im Mittelalter sowie im Osmanischen Reich eingehend abzubilden. Abgesehen davon, dass dies keine geschichtswissenschaftliche Arbeit ist, ist die Beantwortung der o. g. Frage kaum möglich. Der Historiker Konrad Clewing macht für die bisher ungenügende Forschungssituation teils Serbien und Kosovo selbst verantwortlich:

„[Die bevorstehende Arbeit] ist umso schwerer, als die bisherigen bewussten oder unbewussten Verzerrungen und Fälschungen der Geschichte oft nur unter großem Aufwand als solche zu erkennen sind und sich beide Seiten seit langem einem Dialog zur Klärung der strittigen Fragen verschließen.“112

Nicht zuletzt scheint eine Darstellung der länger zurückliegenden Historie aus einem weiteren Grund nicht hilfreich: Eine Manifestierung des Konflikts bzw. der Konfliktparteien hat erst viel später, sprich gegen Ende des 19. Jahrhunderts stattgefunden. Holm Sundhaussen weist darauf hin, dass „die serbisch-albanische ‚Erbfeindschaft' ein Produkt der modernen Nationalstaatsbildung“113 sei. Da diese sich erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts zugetragen hat,114 wird die Darstellung im Folgenden mit den Ereignissen der Balkankriege Anfang des 19. Jahrhunderts beginnen und bis zu der Zeit nach Ende des Kosovo-Krieges in den 1990er Jahren anhalten. Diese historischen Einblicke sollen dazu dienen, Verständnis zu schaffen für die Positionen in den Statusverhandlungen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Denn die heutigen, oftmals extrem festgefahrenen Positionen werden teils aus damaligen Geschehnissen abgeleitet und dienen nicht selten als Argumentationshilfen.

 
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