Die schwarzen Elemente des Bildes

Die Gestalt der schwarzen Elemente ist sehr variantenreich: Farbwolken, -flächen,

-flecken, -bögen, -spuren, -gräben und -risse. Sie sind sowohl direkt „oben“ liegend als auch durch die transparente, rote Farbe als „unten“ liegend zu erkennen.

Wieder werden materielle Farbeigenschaften und Techniken eingesetzt, um damit bestimmte Wirkungen zu erzielen und zugleich die Phantasie des Betrachters in Gang zu setzen. Während bei den roten Farbflächen die Mineralität die Richtung der Assoziationen wies, geschieht dies hier durch die Oberflächenstruktur der Farbe Schwarz.

Die Oberflächenstruktur erweckt den Eindruck von Bewegung und Ruhe: Glänzende, strukturierte, schwarze Oberflächen kontrastieren mit stumpfen, unstrukturierten Oberflächen. Dies wird durch unterschiedliche Konsistenz und Zusammensetzung der Farbe erzielt.

Ein Beispiel dazu:

• Die schwarze Farbfläche des Randes ist im oberen Bereich stumpf, undurchlässig, nicht „materiell“, nicht körnig, und fast unstrukturiert. Sie schließt dadurch das Bild nach oben hin ab, wirkt unbeweglich, statisch.

• Dies steht im Gegensatz zu der Oberfläche der verschiedenen schwarzen Farbspuren. Sie ist immer strukturiert, außerdem wechselt ihre Oberfläche vom Stumpfen zum Glänzenden. Durch den Einsatz der Abklatschtechnik bei der glänzenden Farbspur wird ihre Oberfläche leicht gekräuselt, wellig. Diese gewellte Spur geht in das schwarze Farbfeld des oberen Randes über. Die Plastizität der schwarzen, glänzenden Spur erweckt den Eindruck von Bewegung, wie die fehlende Struktur und die stumpfe Oberfläche den der Ruhe.

Die weißen Elemente

Auffallend ist der geringe Anteil der weißen Farbelemente. Damit wird aber auch schon ihre Funktion angedeutet. Sie dienen als Akzente und steigern die Intensität der anderen Buntfarben.

Deutlich wird dies an zwei Beispielen. Der zarte, weiße Pinselstrich im Formelement „Auge“ unterstreicht durch seine Bogenform und durch seine Durchsichtigkeit den „Schwung“, das heißt die Bewegungsmöglichkeit.

Das Weiß in dem Übergang der schwarzen Farbspur zur Randfläche hat eine andere Konsistenz: Es weist auf die Stelle des Übergangs von Bewegung zur Ruhe hin. Auch die weißen Elemente benutzen die aus Konsistenz, materiellen Farbeigenschaften und Bearbeitungsweise entstehenden Wirkungen.

Objektives Merkmal ist die Vielfalt der Farbflächen und Farbformen. Sie zeigt sich im Reichtum der Farbformen, der Farbnuancen und der Oberflächenstrukturen. Diese Vielfalt wird kompositorisch durch den schwarzen Abschluss nach oben zusammengefasst.

Das Ergebnis der benutzten Techniken und die Kombination der verschiedenen Eigenschaften der Farbmaterie erinnern an natürliche Prozesse: Glühendes Gestein fließt, erkaltet an der Oberfläche, bevor es erstarrt. An der Oberfläche entsteht eine dünne, rissige Schicht. Durch diese bereits erkaltete, dunklere Schicht, schimmert das noch glühende untere Gestein hindurch. Schumacher erreicht durch die benutzten Techniken und die verwendete Farbmaterie eine vergleichbare Wirkung: Der intensiv orange leuchtende Grund schimmert durch eine feinporige, stumpfe Oberfläche, die mit dünner Farbbrühe abgedunkelt ist. Es entsteht der Eindruck von Glühendem unter bereits Erkaltetem. Verstärkt wird dieser Eindruck durch kleine Farbklumpen, die in der Farbfläche wie kleine Gesteinsklumpen wirken.

Es ist klar, dass das Bild keinen Blick auf glühendes Gestein oder ähnliches zeigt, doch die Seherfahrungen des Betrachters führen dazu, dass er diese Art der Oberflächengestaltung mit seinen Erfahrungen konnotiert.

 
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