Sozialisierungsbemühungen der NGOs

Aussagen zur Relevanz von Sozialisierung allein, lassen kaum belastbare Rückschlüsse auf deren Stellenwert im Organisationsalltag zu. Aus diesem Grund wurden die Interviewten gleichfalls zu den von ihrer NGO realisierten Aktivitäten befragt. Der Fokus auf die Mitglieder wird durch die Erläuterungen der konkreten Sozialisierungsbestrebungen bestätigt. Unverkennbar ist auch, dass viele NGOs trotz fehlender expliziter Zielsetzung derartige Bemühungen verfolgen, obwohl diese z.T. auf niedrigem Niveau und sehr selten stattfinden – für fast alle Sozialisierungsaspekte ist eine positive Diskrepanz, zwischen Zielsetzung und faktischen Aktivitäten zu erkennen.

MG

Vermittlung EUEntscheidungen

17

89

3

75

9

90

5

100

pol/wirtschaftl/gesell Prozesse

16

84

3

75

9

90

4

80

Funktionsweise pol System der EU

15

79

3

75

7

70

5

100

gesellschaftlich relevante EU-Themen

14

74

3

75

8

80

3

60

Bedeutung Partizipation

9

47

3

75

5

50

1

20

komplizierte pol Sachverhalte

16

84

3

75

8

80

5

100

Sensibilisierung EU-Angelegenheiten

7

37

3

75

2

20

2

40

B/Ö

Vermittlung EUEntscheidungen

8

40

3

75

4

36

1

20

pol/wirtschaftl/gesell Prozesse

10

50

2

50

6

55

2

40

Funktionsweise pol System der EU

4

20

2

50

2

18

0

0

gesellschaftlich relevante EU-Themen

8

40

3

75

4

36

1

20

Bedeutung Partizipation

3

15

1

25

2

18

0

0

komplizierte pol Sachverhalte

10

50

2

50

6

55

2

40

Sensibilisierung EU-Angelegenheiten

2

10

1

25

1

9

0

0

Tabelle 11 Sozialisierungsbestrebungen

Die für Linkage essenzielle Entscheidungsvermittlung wird von fast allen NGOs in variierender Intensität für ihre Mitglieder realisiert. Mehrere NGO-Vertreter weisen darauf hin, dass sie diese Leistung nur für ihr spezifisches Arbeitsgebiet erbringen und nur, wenn es für ihre Mitglieder relevant ist. Gegenüber einem weiter efassten Adressatenkreis erfüllen nur 40% der NGOs diese Funktion, wobei eine die H2 bekräftigende prozentuale Verteilung zu erkennen ist. Ebenfalls auf, über die PGs hinweg, konstant hohem Niveau stellen mehr als 4/5 den Mitgliedern Informationen, um diesen Wissen über gesellschaftliche, politische oder wirtschaftliche Ereignisse zu vermitteln; nur 50% richten sich auch an Basis und Öffentlichkeit. Fast 80% versuchen zumindest manchmal, ihren Mitgliedern die Funktionsweise des EU-Systems zu vermitteln. Doch nur je zwei PG2 und PG3 wollen Basis und Öffentlichkeit diese nahebringen, da, so die Mehrheit der Befragten, diese Zielgruppen oft kein Interesse an solchen Inhalten haben.

Nach Angaben etlicher Interviewpartner sind die Mitglieder bereits motiviert und engagiert, weshalb nur 47% der NGOs Aktivitäten bzw. Informationen bieten, um diesen die Bedeutung politischer und sozialer Partizipation zu vermitteln – der Anteil ist negativ mit der UV korreliert. Sechs, alle durchweg höher professionalisierte NGOs, wollen diesbezüglich nicht nur ihre Mitglieder sozialisieren, sondern möchten, dass diese die Botschaft der Basis weitervermitteln. Nur 15% verfolgen direkte Bestrebungen, einem weiter gefassten Adressatenkreis derartige Inhalte nahezubringen. Diese NGOs zeichnen sich durch generell hohen Basisbezug aus – zwei bieten eine Mitgliedschaft für natürliche Personen, eine organisiert Veranstaltungen auf lokaler Ebene und sucht für die verschiedenen Linkage-Dimensionen unmittelbaren Kontakt mit der Basis. Da sechs Befragte diesen Aspekt als Ziel benennen, wird er, trotz expliziter Zielsetzung, von drei der höher professionalisierten NGOs vernachlässigt.

Lediglich acht NGOs wollen mit Veranstaltungen und Informationen für EU-Angelegenheiten sensibilisieren bzw. deren Tragweite für den Alltag auf nationaler Ebene verdeutlichen. Dabei richten sich sieben an ihre Mitglieder, aber nur eine auch an Basis und Öffentlichkeit; eine weitere adressiert nur Letztere. Nahezu unabhängig vom Einfluss der UV, vermitteln fast 3/4 den Mitgliedern gesellschaftlich relevante EU-Themen; acht dehnen diese Bemühungen auf Basis und Öffentlichkeit aus, wobei sich ein klares Gefälle gemäß der H2 erkennen lässt. Insgesamt 84% versuchen, den Mitgliedern komplexe politische Sachverhalte verständlich zu machen – für diesen Aspekt zeigt sich eine schwach positive Korrelation mit der UV (rs = ,325). Neun dieser NGOs verfolgen auch komplexitätsreduzierende Bemühungen für einen potenziell unbegrenzten Adressatenkreis. Wie sonst nur bei der Vermittlung von Wissen über politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Prozesse sind die Prozentsätze über die PGs nahezu gleich verteilt, obschon die PG3 den größten Anteil ausmachen.

Für den Einfluss der UV zeigt sich für beide Zielgruppen kein eindeutiges Bild. Während in Bezug auf die Mitglieder zumeist keine relevanten Unterschiede in Abhängigkeit der UV erkennbar sind oder aber der Anteil mit dem Professionalisierungsgrad steigt, sprechen die Daten für eine, von der UV unabhängige, relativ geringe Bedeutung der Sozialisierung von Basis und Öffentlichkeit. Obwohl sich eine deutliche positive Diskrepanz zwischen Zielsetzung und Aktivitäten abzeichnet, richtet sich nie mehr als die Hälfte der NGOs tatsächlich aktiv an Basis und Öffentlichkeit und nur in zwei Organisationen umfassen die faktischen Bemühungen alle hier abgefragten Sozialisierungsaspekte. Für die zweite Linkage-Stufe kann demnach kein positives Urteil gefällt werden. Ebenso sind nicht bei allen NGOs Versuche der Sozialisierung ihrer Mitglieder gegeben und nur vier realisieren alle fokussierten Aspekte für die Mitglieder.

 
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