Ressourcen
Sudbery (2003: 89) resümiert, dass der Ressourcenmangel die Kapazitäten der NGOs, relevante Inhalte zu kommunizieren begrenzt. Die erhobenen Daten bestätigen den konstatierten Einfluss von Ressourcen auf die Linkage-Leistung, wenngleich dieser in einigen Aspekten kaum von der UV zu trennen ist, da, wie eben erläutert, spezifische Ressourcen direkt an die Professionalisierung gebunden sind. So gründen die verbesserungswürdige Implementation der Strategien und mangelnde Kommunikation meist in fehlenden personellen und finanziellen Mitteln, wobei sich ein Unterschied nach Ausprägung der UV zeigt. Ressourcenmangel scheint für die PG4 kein maßgeblicher Einflussfaktor der Kommunikation zu sein: Keine führt finanzielle Aspekte an und trotz der Tatsache, dass die Mitarbeiterzahl in anderen Organisationen z.T. höher ist, wird auch Personalbzw. Zeitmangel im Vergleich von weniger NGOs dieser PG benannt.
Die Analyse der verfügbaren Daten zu den finanziellen Ressourcen zeigt: (1) sind die NGOs mit dem höchsten Budget nicht notwendigerweise jene mit den besten Ergebnissen in Bezug auf Strategien und Maßnahmen, die verschiedenen Stakeholder zu erreichen. (2) ist ein nicht-linearer Zusammenhang von UV und Budget erkennbar; die PG4 haben nicht zwangsläufig das höchste Budget. Das lässt wiederum auf den Einfluss des Faktors Humankapital und effektiven Personaleinsatz als Konsequenz der Professionalisierung, d.h. des Scaling Ups schließen.
Ebenso konstatieren Altides und Kohler-Koch (2009), in ihrer Analyse des Beitrags der Öffentlichkeitsarbeit nationaler zivilgesellschaftlicher Organisationen zur Accountability europäischen Regierens, einen großen Einfluss von Ressourcen, da nicht nur die ressourcenstarken PIAs aktiver kommunizieren als NGOs, sondern bei Letztgenannten auch Unterschiede je nach Kapazität der Organisation auftreten. Diese Ergebnisse treffen auf die hier untersuchten NGOs nur bedingt zu. Die Angaben der Interviewpartner sprechen dafür, dass die Verfügbarkeit personeller und finanzieller Ressourcen nicht auf Kommunikationsmaßnahmen zur Herstellung von Transparenz und Öffentlichkeit wirkt. Ein Vergleich der Accountability-Leistung bzw. der an die Öffentlichkeit gerichteten Kommunikation nach Budgethöhe und Mitarbeiteranzahl bestätigt das. Darüber hinaus korreliert der Professionalisierungsgrad, als der ausschlaggebenden Faktor für bestimmte Ressourcen, wie in Tabelle 17 dargestellt, nur schwach positiv mit „Accountability“. Zwar variieren Umfang und Detailliertheit der accountability-relevanten Inhalte stark von NGO zu NGO, allerdings sind keine aussagekräftigen Muster in Abhängigkeit der Ressourcen – sei es in Gestalt spezifischen Humankapitals oder aber personeller und finanzieller Mittel – zu erkennen.
Gleichermaßen ist nicht evident, dass ressourcenschwächere NGOs eher Öffentlichkeitsstrategien verfolgen – wobei diese Schlussfolgerung rein auf dem Faktor finanzielle Ressourcen basiert. Die Existenz hinreichender Informationen bzw. Expertise, als für die Strategiewahl ebenfalls ausschlaggebende Ressource (siehe Kapitel 7.3), ist aufgrund der divergierenden Tätigkeitsgebiete der NGOs schwer vergleichbar und ohne entsprechendes Hintergrundwissen in den jeweiligen Politikfeldern kaum adäquat empirisch fassbar.
Indessen zeigt die Analyse, dass nahezu alle NGOs versuchen, mittels Expertise und fundierten Argumenten Einfluss auf Politikprozesse zu nehmen. In Bezug auf Reputation und Etabliertheit, als die Strategiewahl beeinflussende Ressourcen, zeigt sich, dass alle advocacy-treibenden NGOs Zugang zu politischen Autoritäten haben und sich zudem als relativ etabliert einschätzen, weshalb in diesem Punkt kein Vergleich zwischen ressourcenstarken und -schwachen NGOs möglich ist. Nicht zuletzt deshalb stützen diese Ergebnisse, in Kombination mit der positiven Korrelation von UV und „Existenz einer Medienstrategie“, als ergänzende Komponente der Elitestrategie, eher die Resultate von Kohler-Koch & Altides (2009) wonach Öffentlichkeitsstrategien vornehmlich von ressourcenstärkeren NGOs – hier sind wiederum weniger finanzielle, denn an die Professionalisierung gebundene Ressourcen gemeint – als Bestandteil eines multistrategischen Ansatzes, als von ressourcenschwächeren anstelle von Elitestrategien implementiert werden.
Mit Referenz auf Poguntke (2003: 11) wird auch die Finanzierungsart berücksichtig. Nur vier NGOs finanzieren sich komplett über Mitgliedsbeiträge, 15 werden teils in hohem Maße öffentlich gefördert. Ein positiver Zusammenhang von öffentlicher Förderung und mangelndem Mitgliedereinfluss auf die Positionen bzw. top-down geprägten Entscheidungsfindungsprozessen sowie mangelnder Kontrollmöglichkeiten seitens der Mitglieder, wie für den Parteitypus der Kartellpartei konstatiert, zeichnet sich aber grundsätzlich nicht ab.