Technische Entwicklung
Die Ausführungen der Interviewpartner zeigen offenkundig, dass die NGOs ihre Kommunikation mehrheitlich auf elektronische Kanäle – vor allem Website und Newsletter – stützen. In einigen Fällen gründet diese Wahl im Bestreben, Basis und Öffentlichkeit zu adressieren, in anderen lassen die Interviewten begründete Zweifel an einer expliziten Intention aufkommen. Vielmehr handelt es sich bei diesen NGOs um ein „Zwei Fliegen mit einer Klappe Prinzip“, insofern als die Inhalte unabhängig von der adressierten Zielgruppe theoretisch jedem Interessierten zugänglich sind. So zielt keine Organisation drauf ab, einem weiter gefassten Adressatenkreis Rechenschaft über ihre Finanzen abzulegen, gleichwohl sind die Informationen auf der Website verfügbar. Zumindest einseitige Kommunikation findet statt – obwohl die Detailliertheit der Inhalte sowohl von NGO zu NGO, als auch von Dimension zu Dimension stark variiert. Die zur optimalen Linkage elementaren, interaktiven Optionen sind hingegen ausbaufähig. Im Übrigen manifestieren sich in der vorherrschenden Vorgehensweise die teils beträchtlichen Defizite in der zielgruppenspezifischen Kommunikation, die entgegen der in der H4 formulierten Annahme, auch bei den höher professionalisierten NGOs zu erkennen sind.
Bezüglich der ersten Linkage-Stufe, ist die „Technische Entwicklung“ neben dem Faktor Zeit – in Hinblick auf die Vertrautheit mit den Mitgliedern – die wichtigste Determinante der Linkage-Leistung. Diese Schlussfolgerung gründet nicht allein in der Tatsache, dass sich nur bedingt der vermutete Konnex von UV und optimaler Nutzung der neuen technischen Optionen zeigt. Die Mitglieder waren und sind zwar für alle NGOs Hauptadressat ihrer Kommunikationsbemühungen, mehr als 1/3 merkt allerdings an, dass die Kommunikation mit und auch zwischen den Mitgliedern durch die neuen Kanäle und Kommunikationsinstrumente zugenommen hat und interaktiver ist. Dementsprechend hat sich die Linkage-Leistung durch die technischen Innovationen signifikant verbessert. Nahezu alle Interviewten führen aus, dass sich die Kommunikation ihrer NGO dank der neuen Technologien gewandelt hat – sie ist einfacher und schneller geworden. Dabei änderten sich bei den wenigsten Organisationen die Inhalte (sowohl die von den Mitgliedern gewünschten, als auch die von der NGO zur Verfügung gestellten) oder die adressierten Zielgruppen. Es ist keine Tendenz auszumachen, dass die NGOs anläßlich der verbesserten Möglichkeiten nun in stärkerem Maße den Kontakt zur Basis suchen bzw. sie als zusätzliche Zielgruppe ansehen oder eine höhere Öffentlichkeitsorientierung aufweisen. Dessen ungeachtet hat sich bei den meisten die Linkage-Leistung für Basis und Öffentlichkeit durch die technischen Innovationen verbessert bzw. ist erst möglich geworden.
Obgleich die Auswertung der erhobenen Daten aufgrund der Stichprobengröße keine generalisierbaren Aussagen zulässt, zeigt sie unverkennbar, es gibt einen Einfluss der Professionalisierung. Dieser ist jedoch sehr differenziert zu betrachten. So wirkt Professionalisierung nicht auf jede Stakeholder-Beziehung, nur auf bestimmte Aspekte der jeweiligen Beziehung und darüber hinaus nicht immer nachteilig für die Realisierung von Linkage. Demnach hat der Professionalisierungsgrad wenig Einfluss auf die Interaktion mit politischen Entscheidungsträgern, Partnern und Mitgliedern. Eine durch höheren Professionalisierungsgrad hervorgerufene Loslösung von der Mitgliedschaft und eine mangelnde kommunikative Rückkopplung mit den Mitgliedern, sind nicht zu erkennen. Speziell in der „Sozialisierung“ zeigen sich in Hinblick auf die Forschungsannahmen keine eindeutigen Muster nach Ausprägung der UV; in der „Responsivität“ schneiden die höher professionalisierten sogar besser ab.
Insbesondere das Humankapital, als der Professionalisierung immanenter Faktor, ist als ausschlaggebend für bestimmte der Linkage förderliche Mechanismen und Verfahren anzusehen. Des Weiteren wird besonders die Basisund Öffentlichkeitsorientierung von der Mitgliedschaftsoption und der Etabliertheit der Organisation beeinflusst. Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich in Bezug auf die Handlungsmuster und Strategien der NGOs respektive deren LinkageLeistung ein nicht zu unterschätzender Einfluss weiterer organisationsbezogener Faktoren – wie der Mitgliedschaftsoption oder des Alters bzw. der Etabliertheit der NGO – aber auch externer Faktoren, wie des politischen Systems und technischer Innovationen, zeigt.
Auf Basis dieser Ausführungen lassen sich Rückschlüsse auf die Hypothesen hinsichtlich des Zusammenhangs von Linkage und Professionalisierung ziehen.