Ein höheres Maß an Accountability und Öffentlichkeit?

Voraussetzung von Kontrolle und Rückbindung ist die Transparenz politischer wie organisationsinterner Prozesse. Die Positionen und Entscheidungen müssen zurechenbar, Accountability als aktive Komponente der Rechenschaft muss gewährleistet sein (Bovens 2007; Haller 2009).

Laut Kohler-Koch (2012: 71) ist in vielen auf EU-Ebene ansässigen Organisationen die Zunahme professioneller Informationspolitik wahrnehmbar. Auch die untersuchten NGOs verfolgen Bemühungen zeitnaher, kontinuierlicher und ausführlicher Information der Mitglieder über ihre Aktivitäten und den Verlauf relevanter Politikprozesse. Dabei haben die neuen Technologien maßgeblich zur Optimierung des Informationsflusses beigetragen. Für die interne Accountability ergibt sich daher für die Mitglieder ein positives Bild. Mit Ausnahme der für ihre Legitimation so wichtigen Mittelverwendung, sehen nahezu alle NGOs eine relativ umfassende Rechenschaftspflicht gegenüber den Mitgliedern und realisieren diese auch zumeist. Überdies ist die von Steffek et al. (2010) sowie von Anheier & Themudo (2005) in ihrer Bedeutung hervorgehobene Transparenz der organisationsinternen Entscheidungssysteme im Wesentlichen gegeben.

Zwar sind Details zur Herkunft und Verwendung der Gelder häufiger auf den organisationseigenen Websites bzw. im Register der Interessenvertreter zu finden, als die Aussagen der NGO-Vertreter vermuten lassen [1]. Im Zuge mangelnder Anerkennung einer entsprechenden Rechenschaftspflicht vonseiten der NGOs, ist die z.T. massive EU-Förderung – insbesondere unter Bezugnahme auf weitgehende politische Unabhängigkeit als Erfordernis der (authentischen) Interessenvertretung (Steffek et al. 2010: 25) – jedoch als potenziell problematisch anzusehen. Nur fünf NGOs werden nicht finanziell von den EU-Institutionen gefördert. Infolgedessen muss nicht nur der formulierte Kausalzusammenhang von Legitimation, Rechenschaft und Abhängigkeit von den Mitteln der Mitglieder (Rucht 2001: 330; Klein 2002: 4) bezweifelt werden. Trotz adäquater Kontrollmechanismen in Hinblick auf Strategien und Positionen der NGO ist dies auch ein Problem für die Responsivität, da die Gefahr besteht, dass eher die für Förderer relevanten Themen, als die Anliegen der Mitglieder Eingang in die organisationsinternen Prozesse finden.

Steffek et al. (2010) ziehen zur Bewertung der Unabhängigkeit einer Organisation die Art der verfolgten Interessenvertretungsstrategien heran. Inwieweit dieses Kriterium tatsächlich aussagekräftige Schlüsse zulässt ist fraglich. Eher ist anzunehmen, dass die Strategiewahl, ob prooder reaktiv, ob Langzeitstrategie oder kurzfristige Aktion, vornehmlich vom Thema und von der adressierten Institution abhängt. Die Vermutung wird durch die Aussagen der Interviewpartner gestützt. Zudem scheint die Wahl diskreter oder konfrontativer Strategien bzw. Eliteoder Öffentlichkeitsstrategien in der höheren Effektivität erstgenannten Typs und der Herausforderungen öffentlichkeitsbasierter Aktionen, in Gestalt unterschiedlicher nationaler Mobilisierungskontexte und der Abhängigkeit vom Willen der Mitglieder, begründet.

Gegen eine den Mitgliedereinfluss mindernde Rolle der EU-Organe spricht die, auch in Organisationen deren Budget sich zu einem substanziellen Teil aus EU-Förderung speist, häufig bottom-up verlaufende Positionsfindung. Im Übrigen ist mit Referenz auf die Gefahr der Kooptierung positiv hervorzuheben, dass – obwohl kein NGO-Vertreter öffentliche Kritik an den Verfehlungen der EU-Institutionen als Bestandteil des Handlungsrepertoires der Organisation anführt; einige sogar die Bedeutung der Kooperation mit diesen betonen – die Hälfte in ihren Newslettern derartige Kritik formuliert. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit stehen somit im Einklang mit jenen von Kohler-Koch und Buth (2011: 202), die feststellen, dass die finanzielle Abhängigkeit von der Kommission NGOs nicht zwangsläufig zu einem unkritischen Umgang mit deren Politik führt.

Die Mehrheit der untersuchten NGOs handelt im Auftrag ihrer Mitglieder, weswegen sie sich primär diesen gegenüber verantwortlich sieht. Gegenüber Basis und Öffentlichkeit sieht keine Organisation eine umfangreiche Rechenschaftspflicht, weder über ihre Finanzen noch über ihre Tätigkeiten. In Konsequenz verfügen nicht alle NGOs über Jahresberichte und keine veröffentlicht ihre Evaluationen. Einen vergleichbaren Mangel stellen auch Kotzian und Steffek (2011:

19) fest. Dies ist, den Ausführungen Offes (2003: 15f) folgend, als klares Defizit demokratischer Legitimität und Ausdruck mangelnder Bürgernähe zu beurteilen. Hinsichtlich der Evaluationen mag argumentiert werden, dass es sich dabei um sensible Organisationsinterna handelt, die generell nicht publiziert werden. Zumindest einige, der von Steffek et al. (2010) untersuchten Organisationen, veröffentlichen diese jedoch, weshalb in dieser Beziehung nicht von einer generellen Diskretion auszugehen ist.

Dennoch sind, trotz überwiegend fehlender Intention der hier untersuchten NGOs, dank Website und Newsletter speziell Details über deren Tätigkeiten und Positionen jedem Interessierten zugänglich. Die sowohl für die, durch verstärkte NGO-Beteiligung hervorgerufene, Intransparenz europäischer Entscheidungssysteme, als auch für die Legitimation der Organisationen relevanten Aspekte der internen Accountability, werden mehrheitlich verwirklicht.

Besonders den hier als externe Accountability bezeichneten Faktoren kommt für die Minderung demokratischer Defizite im europäischen Regieren große Bedeutung zu. Es geht um die Herstellung von Transparenz und Öffentlichkeit als Voraussetzung demokratischer Prozesse. In diesem Kontext stellt sich eine naheliegende, aber mitunter schwer zu beantwortende Frage: Wann sind politische Prozesse als öffentlich anzusehen?

Hüller (2008: 8) unterscheidet zwischen einer starken und schwachen Konzeption von Öffentlichkeit. Während Letztere lediglich der Transparenz politischer Entscheidungen und Dokumente bedarf, d.h. sie sind veröffentlicht und ohne großen Aufwand zugänglich, geht die starke Öffentlichkeit darüber hinaus. Transparenz ist zwar notwendig; Öffentlichkeit aber erst erreicht, wenn der jeweilige politische Sachverhalt sich in der öffentlichen Debatte wiederfindet und zur „common public knowledge“ (ebd.) wird. Erstgenannter Aspekt wird zum einen von den EU-Institutionen im Rahmen der Transparenzinitiative erfüllt, zum anderen – so die Ergebnisse der Untersuchung – tragen die NGOs dazu bei, obgleich in geringerem Maß, als das ihnen zugewiesene Label der Watchdogs vermuten lässt. Es zeigt sich ein Gefälle zwischen Mitgliedern und breiterem Adressatenkreis, aber auch innerhalb der jeweiligen Stakeholder-Gruppen variieren Umfang und Detailliertheit der Informationen beträchtlich je nach Organisation. Basierend auf den vorliegenden Daten scheint die weitverbreitete Funktionszuschreibung des Watchdogs (u.a. Altides & Kohler-Koch 2009: 1f) daher nur bedingt haltbar. Dies gilt vor allem für die aktive Verbreitung der mittels Monitoring gewonnenen Informationen und die öffentliche Kritik an den Versäumnissen politischer Autoritäten. Derartige konfrontative Öffentlichkeitsstrategien (Voss 2009: 80 ff), die auf Mobilisierung der öffentlichen Meinung abzielen, werden mit Ausnahme entsprechender Inhalte in den Newslettern einiger NGOs, nicht verfolgt. Steffek et al. (2010) kommen bezüglich der verfolgten Strategien zu einem vergleichbaren Ergebnis.

Trotz allem wird Öffentlichkeit, genauer Herstellung von Transparenz, von der Mehrheit der untersuchten NGOs zumindest bis zu einem gewissen Grad erfüllt. Die Frage, inwieweit Anschlussfähigkeit (Take 2002: 60ff) als Bedingung starker Öffentlichkeit ermöglicht wird, kann basierend auf Interviewaussagen und Newsletteranalyse nicht zufriedenstellend beantwortet werden und erfordert weitere Erhebungen zur Rezeption der Kommunikation auf nationalstaatlicher Ebene. Gleichwohl lassen sich anhand der vorliegenden Daten zu den von den NGOs geschaffenen Voraussetzungen, der Befunde anderer Studien und der Ausführungen im Theorieteil dieser Arbeit einige Überlegungen anstellen.

NGOs vermögen durch die Vernetzung ihrer Mitglieder zur Entstehung issue-spezifischer, segmentierter transnationaler Öffentlichkeiten beizutragen, ob ihre Inhalte die breite Öffentlichkeit erreichen können, ist indessen fraglich. Den neuen Medien wird zwar das Potenzial attestiert, die öffentliche Meinungsbildung zu verändern und die Herausbildung von Gegenöffentlichkeiten zu ermöglichen, die neben den Massenmedien Einfluss auf die gesellschaftliche und die politische Agenda nehmen (Kiefer 2013: 386). Manche sprechen gar von der

„Sphäre einer ungehinderten gesellschaftlichen Kommunikation“ (Theis-Berglmaier 2007: 123). Hingegen zeigen die erhobenen Daten klar, dass deren faktische Nutzung in der Organisationsrealität weit hinter den Potenzialen zurücksteht. Den NGO-Vertretern ist das Erfordernis, der Entwicklung zu folgen bewusst; einige erwähnen explizit die Bedeutung des kreativen Social Media-Einsatzes, nichtsdestotrotz werden die Möglichkeiten bis dato kaum genutzt. Die Resultate der Analyse stützen die Einschätzungen von Härtel und Embacher (2011), wonach viele NGOs noch immer Veränderungsprozesse in Richtung Offenheit und Transparenz scheuen. Voss (2009: 88) argumentiert ebenfalls mit der Angst vor Kontrollverlust, aber auch mit dem erhöhten Personalaufwand, den die adäquate Implementation von Social Media erfordert. Letztgenanntes scheint zwar in einigen untersuchten NGOs eine Rolle zu spielen, die Aussagen der Interviewpartner deuten aber eher auf die schlicht und ergreifend nachrangige Bedeutung der Aufklärung, Sensibilisierung und Mobilisierung von Basis und Öffentlichkeit hin. In Bestätigung der Ergebnisse von Voss (2007: 103f.) liegt der Fokus der untersuchten NGOs auf Website und Newsletter. Ein umfassender, abgestimmter und auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Stakeholder des Organisationshandelns zugeschnittener Einsatz webbasierter Anwendungen, der sich die vielfältigen Optionen der neuen Medien zu Nutze macht und aufgrund dessen demokratisierende Potenziale zeigt, ist eher die Ausnahme.

Website und Newsletter erlauben, einen sehr großen Personenkreis zu erreichen, was positiv im Sinne der Linkage respektive der demokratisierenden Potenziale zu werten ist. Demzufolge muss die Frage gestellt werden, inwieweit eine Linkage-Intention bzw. das Bestreben, Basis und Öffentlichkeit zu erreichen erforderlich sind, wenn fast alle Organisationen auf Kanäle zurückgreifen, die unabhängig von der eigentlich adressierten Zielgruppe einem prinzipiell unbegrenzten Personenkreis die Rezeption der für die einzelnen Linkage-Dimensionen relevanten Inhalte und Dokumente ermöglichen. Mit Verweis auf freien Zugang als Voraussetzung von Öffentlichkeit ist diesbezüglich neben der Sprachbarriere und den häufig komplexen Inhalten, auf die Gefahr des Digital Divide, als Ausprägung gesellschaftlicher Exklusion von Personen ohne Internet-Zugang, hinzuweisen. Trotz der Tatsache, dass die Zahl der Internet-Nutzer und auch der Digital Natives[2] stetig wächst[3], verfügen nicht alle EU-Bürger über InternetZugang, sei es aufgrund fehlenden Wissens um die Nutzung oder aus materiellen Gründen. Laut des Statistischen Bundesamtes lag der Durchschnitt derjenigen, die noch nie das Internet genutzt haben, im Jahr 2012 in der EU bei 22% der Bevölkerung zwischen 16 und 74 Jahren[4]. Angesichts dieser Faktoren ist, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, nicht nur solch optimistischen Aussagen über die neuen Medien zu widersprechen. Ebenso ist die vorherrschende Fokussierung der NGOs auf Website und Newsletter in Hinblick auf ihre Demokratisierungspotenziale, kritisch zu bewerten. Um Anschlusskommunikation zu verwirklichen, aber auch um dem demokratischen Prinzip gleicher Zugangschancen zum Politikprozess gerecht zu werden, erfordert es von NGOs mehr als die Konzentration auf webbasierte Kommunikation.

Ferner ist bei den Bürgern nicht notwendigerweise die Motivation zur Rezeption der kommunizierten Inhalte vorhanden. Analog liberaler Demokratiekonzeptionen ist die Wahrnehmung der verfügbaren Informationen zu einem politischen Sachverhalt jedoch Prämisse der Demokratie, da diese die Bürger, in ihrer Rolle als Wähler, erst in die Lage versetzt, ihre Stimme zu einem effektiven Kontrollinstrument zu machen (Abromeit 2002). Um die Aufmerksamkeit eines möglichst breiten Publikums für ein Thema zu erreichen, müssen gewisse Anreize seitens der Sender der Botschaften gegeben werden (Gerhards 1998: 271). Nicht nur in Bezug auf die Sprachbarriere ist daher der Weg über die Mitglieder und die nationalen Massenmedien für NGOs unverzichtbar zur Linkage-Realisierung sowie für die Demokratisierung, als Schaffung eines Bewusstseins für EU-Themen und der Formierung einer europäischen öffentlichen Meinung. Denn erst über die Massenmedien wird „Öffentlichkeit zu einer dauerhaft bestimmenden gesellschaftlichen und politischen Größe“ (Neidhart 1994: 10). In gleicher Weise sieht Statham (2010) nationale Medien als wesentlich zur Herstellung einer europäischen Öffentlichkeit an, denn sie machen Vorgänge auf EU-Ebene sichtbar und für die Bürger zugänglich, sofern sie die Sachverhalte bürgernah rezipieren.

„News coverage is the best resource available for ordinary citizens to see political debates and the efforts by governments to address perceived problems.”(ebd.: 4)

So sehen andere Autoren transnationale Öffentlichkeit unmittelbar an die Leistung der Medien gebunden und definieren sie „als Räume der Verdichtung von öffentlicher, medial vermittelter politischer Kommunikation (…), die den nationalen Bezugsraum übersteigen.“ (Brüggemann et al. 2009: 391). Internetbasierte Kommunikation hat in Konsequenz der stetigen Entwicklung neuer Kanäle zwar das Potenzial zur Herausbildung fragmentierter Öffentlichkeiten und der Relativierung der Rolle der etablierten Medien. Trotz dessen sie nur noch ein Akteur von vielen sind, ist ihnen nach wie vor besonderes Gewicht zuzuweisen (Pleil 2010: 5). Sie fungieren als Kitt zwischen den segmentierten transnationalen Öffentlichkeiten (de Vresse 2007: 7).

Überlegungen zu den Bedingungen von Öffentlichkeit und der Bedeutung der Medien dürfen für die Einschätzung der Beiträge von NGOs zur Demokratisierung der EU nicht vernachlässigt werden. In der Gesamtbetrachtung lässt sich schlussfolgern, dass etliche Organisationen zwar versuchen, den Bürgern alternative Sichtweisen nahezubringen, unter Bezugnahme auf die Herausforderungen europäischer Öffentlichkeit und transnationaler Kommunikation scheint das Aktivitätsniveau allerdings nicht ausreichend, um europaweite Debatten anzustoßen. Um als Träger jener Diskurse zu fungieren und zur grenzübergreifenden Formation politischer Meinungen beizutragen, bedarf es einer Instrumentalisierung der (nationalen) Massenmedien, da über diese am ehesten die breite Bevölkerung erreicht werden kann (Marcinkowski & Steiner 2009; Voss 2009).

Inwieweit in diesem Zusammenhang die weitverbreitete Strategie der Bereitstellung von Inhalten für Journalisten auf der Website Erfolg verspricht, ist unklar. Kotzian und Steffek (2011) bilanzieren in ihrer Beobachtung der Präsenz zivilgesellschaftlicher Organisationen in europäischen und internationalen Printmedien, dass Organisationen, die öffentlichkeitsbasierte Strategien des Protests und der Massenmobilisierung verfolgen oder den Medien Informationen zukommen lassen, wesentlich häufiger präsent sind. Im Gegensatz dazu schlussfolgert Altides (2011: 233), dass die Bereitstellung von Inhalten für Journalisten auf der Website, die Präsenz der jeweiligen Organisation in der nationalen Berichterstattung kaum bis gar nicht beeinflusst[5].

Fast alle untersuchten NGOs sehen sich immerhin manchmal in der Rolle des Informationslieferanten für die Medien. Nur wenige verfolgen aber eine elaborierte, kontinuierliche Medienstrategie und wenn, dann vorrangig, um ein Expertenpublikum zu erreichen, weshalb der Fokus ganz klar auf EU-Medien liegt. Die Kommunikation mit nationalen Medien wird bei den Mitglieder verortet; koordinierte Bemühungen, gemeinsam mit diesen die Massenmedien zu instrumentalisieren, bleiben meist aus. Die Abhängigkeit von deren Bereitschaft, politische Erklärungen bzw. Artikel der NGO zu publizieren und die geringe Wahrscheinlichkeit, dass ihre Inhalte Eingang in die nationale Berichterstattung finden, ist den Interviewten bewusst und z.T. der Grund für fehlende Bestrebungen in diese Richtung (siehe auch Altides 2011). In Konsequenz mangelnder Ressourcen und der größeren Bedeutung anderer Stakeholder konzentrieren sich die untersuchen NGOs daher auf die direkte Kommunikation mit den für sie bedeutsamen Zielgruppen.

Infolgedessen sowie in der Gesamtbetrachtung ihrer Kommunikationsstrategien und -maßnahmen, ist ihnen eine den Europarteien vergleichbare Diagnose zu stellen: Auch ihnen mangelt es oftmals an öffentlichkeitswirksamer Arbeit. Dies ist problematisch für eine über die Mitglieder hinausgehende Umsetzung von Linkage; sie vermögen dem großen Bedarf an mittels ihrer Aktivitäten vermittelter Linkage nicht gerecht zu werden.

In diesem Kontext werden aber auch die Medien selbst als Teil der Legitimationsproblematik und des Öffentlichkeitsdefizits der EU gesehen. Die Hoffnung auf eine, zunehmende Transparenz und Legitimation schaffende, massenmediale Öffentlichkeit, durch die sich EU-Bürger angemessen informieren können, hat sich bisher nicht erfüllt (Offerhaus 2011: 12). Ein europäisiertes Kommunikationssystem in Gestalt gesamteuropäischer Medien ist bis dato nur rudimentär entwickelt. Die Vermittlungsagenturen zwischen Bürgern und EU-Institutionen sind hauptsächlich nationale Medien, deren Berichterstattung über europäische Inhalte weiterhin tendenziell durch nationale Selbstreferenzialität gekennzeichnet ist und die sich in den meisten Fällen an ein nationales Publikum richten. In ihren an die öffentliche Kommunikation gebundenen Leistungen der Sensibilisierung, Aufklärung und Information der Öffentlichkeit stoßen selbst die diesbezüglich aktiven NGOs damit an eine Grenze, da ihre Linkage-Leistung nicht allein von ihren Aktivitäten abhängig ist.

  • [1] Hier unterscheiden sich die Ergebnisse von den Resultaten von Steffek et al. (2010: 23), die auf einen umgekehrten Widerspruch stoßen: Einige ihrer Interviewpartner geben an, dass das Budget auf der Website oder im Jahresbericht einsehbar ist; was aber nicht der Fall ist. Dennoch kommen sie in ihrem Vergleich von NGOs und PIAs zu dem Schluss, dass Erstere tendenziell transparenter bezüglich ihrer Budgets sind
  • [2] Der Begriff charakterisiert die Bevölkerungsgruppe ab Jahrgang 1980, die als erste Generation mit Computer und Internet aufgewachsen ist und daher kaum Berührungsängste mit den neuen Medien aufweist
  • [3] Nach Nielsen Online, ITU und GfK waren es im Juni 2012 in Europa ca. 518 Mio. der Menschen ab 15 Jahren (Russland mit eingerechnet). de.statista.com/statistik/daten/studie/157868/umfrage/anzahl-der-weltweiten- internetnutzer-nach-regionen/
  • [4] destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/zdw/2013/PD13_034_p002.html
  • [5] Die geringe Resonanz in den nationalen Medien und folglich ein nur unwesentlicher Beitrag der Organisationen zur Herstellung von Öffentlichkeit wird auch von Tresch und Fischer (2008) festgestellt
 
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