Brain-Gain: Das regionale Netzwerk erweitern

Selbst wenn es in peripheren ländlichen Regionen gelingt, eine für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen attraktive, regionale Identität zu entwickeln, wird es aufgrund fehlender Arbeitsplätze nicht möglich sein, die Abwanderung höher qualifizierter Personen zu verhindern. In den Regionen kann man sich damit abfinden und sich als Opfer selektiver Abwanderung in das Schicksal fügen. Man kann aber auch darüber nachdenken, wie in den Regionen das Wissen und die Erfahrungen abgewanderter Menschen für ihre Entwicklung im Sinne eines „Brain-Gain“ genutzt werden können. Dahinter steht die Idee, das regionale Netzwerk um qualifizierte abgewanderte Personen zu erweitern. Das Ziel von Brain-Gain ist nicht eine dauerhafte physische Rückkehr, sondern ein Rückfluss von Wissen und Erfahrungen oder eine anlassbezogene temporäre Rückkehr. Auf diese Weise können Regionen Zugriff zu hochwertigem Know-how in unterschiedlichen Entwicklungsbereichen wie Wirtschaft, Architektur, Soziologie, Raumplanung, Innovation, Kultur und Mobilität bekommen. Das ist natürlich kein einfaches Unterfangen. Dazu braucht man eine langfristige Strategie, ein hohes Commitment der regionalen VerantwortungsträgerInnen, Kreativität und Ausdauer in Beziehungsaufbau und -pflege, intelligente Formate für die produktive Nutzung der Expertise abgewanderter Personen, professionelles Projektmanagement sowie ausreichend personelle und fi anzielle Ressourcen.

Aber die gezielte Erweiterung des regionalen Netzwerks durch qualifizierte abgewanderte Personen kann für Regionen viele Vorteile bringen: Ehemalige BewohnerInnen, die in verantwortungsvollen Positionen arbeiten, können relevante Trends in Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft leichter erkennen und besser einschätzen. Dies kann die Handlungsund Entwicklungsperspektiven von Regionen erweitern. Das Know-how von qualifizierten Abgewanderten kann zur Entwicklung neuer Ideen oder zur innovativen Weiterentwicklung vorhandener Projektideen beitragen. Innovative Personen mit einem „urbaneren“ Lebensstil können mit ihren Vorstellungen von Lebensqualität und Entwicklung mentale Blockaden lösen und für mehr Offenheit in der regionalen Entwicklungsarbeit sorgen. Und: Abgewanderte qualifizierte Personen verfügen in der Regel auch über interessante Netzwerkbeziehungen, die für die Region erschlossen werden können und Zugang zu anderen Regionen und Ansätzen ermöglichen (Fidlschuster 2012). Ein gelungenes Beispiel für die Kooperation einer Region mit ihren Abgewanderten ist das „Netzwerk für Südtiroler im Ausland“ [1].

  • [1] https://suedstern.org
 
< Zurück   INHALT   Weiter >