Zuwanderung und Integration als Chance für ländliche Regionen

Im Gegensatz zur verbreiteten Debatte über die „Schrumpfung“ ländlicher Regionen können Zuwanderung und eine gezielte vorausschauende Integrationspolitik für ländliche Regionen eine Chance darstellen. Der Zuzug aus nicht-europäischen und vorwiegend neuen EU-Mitgliedsländern des letzten Jahrzehnts unterstützt die Hypothese, dass dies eine weitverbreitete Strategie sein könnte, um dem prognostizierten Bevölkerungsverlust peripherer ländlicher Regionen entgegenzuwirken und die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge – der Infrastruktur für Bildung, Gesundheit, Kultur, Soziales, Mobilität – abzusichern. Zur Nutzung dieses Potenzials sind allerdings raumbezogene Analysen und Konzepte erforderlich, die auf kleinräumige Unterschiede eingehen. So ergeben sich durch die Konzentration von MigrantInnen in regionalen Zentren (z. B. Bezirksstädten) spezifische Problemlagen (z. B. Konzentration von SchülerInnen mit nicht-deutscher Muttersprache; Konzentration von MigrantInnen in Wohnvierteln mit schlechter Wohnqualität; steigende Ressentiments der länger Ansässigen und Konflikte im öffentlichen Raum). Auf Grund der Attraktivität dieser regionalen Zentren für MigrantInnen ist davon auszugehen, dass diese räumlichen Konzentrationen weiterhin bestehen bleiben oder sich sogar verstärken.

Aufgrund der unterschiedlichen Problemlagen und einer gleichzeitigen engen Verknüpfung zwischen peripheren Gemeinden und den regionalen Zentren erscheint ein explizites „Governance-Modell für Integration“ zwischen Bezirkszentren und ihrem ländlichen Umland erforderlich, um den unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden zu können. Ziel dieser Governance-Partnerschaft zwischen Stadt und Land müsste es sein, durch eine strategisch ausgerichtete sowie integrierte regionale Zuwanderungspolitik den Arbeitskräftebedarf von Unternehmen in Stadtregionen zu decken. Gleichzeitig sollten diese aber durch die gezielte Ansiedelung und aktive Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern auch in ländlichen Gemeinden entlastet werden, die dadurch den prognostizierten Bevölkerungsverlust kompensieren könnten. Wichtige Voraussetzungen für eine derartige gemeinsame regionale Zuwanderungspolitik wären ein gemeinsames Finanzierungsmodell für regionale integrationspolitische Maßnahmen, vor allem aber eine Abkehr von der üblichen Defizitund Problemorientierung und eine stärkere Orientierung an den Potenzialen von Zuwanderung.

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