Der bewegungsförmige Rechtsextremismus befindet sich im städtischen Raum in einer Phase der Modernisierung und erfordert neue Formen der demokratischen Auseinandersetzung.
Im bewegungsförmigen Rechtsextremismus muss in der Regel zwischen dem städtischen und dem ländlichen Raum unterschieden werden. In den ländlichen Räumen dominieren Konzepte der kulturellen Subversion, in den (groß-)städtischen Räumen spielen unmittelbar gewaltorientierte Konzepte eine größere Rolle.
Im städtischen Raum zeigt sich derzeit eine deutliche Transformation der rechtsextremen Szenen. Das Konzept der freien Kameradschaften existiert noch, ist aber rückläufig. Vor allem jüngere Rechtsextremisten orientieren sich zunehmend am Modell der Autonomen Nationalisten (AN) (vgl. Luzar/Sundermeyer 2011). Damit verbunden sind eine vielschichtige Erneuerung der Ästhetik, Strategien und der ideologischen Schwerpunkte.
Die jüngeren Rechtsextremisten der AN sind ästhetisch von ihrer bedeutendsten Feindgruppe, der linksradikalen Antifa, kaum zu unterscheiden. An die Stelle von Glatze und Springerstiefeln traten sportliche Jacken und ein modernes, jugendkulturell anschlussfähiges Outfit. Viele Rechtsextremisten sehen heute so aus wie früher ihre Opfer. Strategisch sind die AN sehr internetaffin. Moderne Internetauftritte, ein aktives Mitmischen in den sozialen Netzwerken und hohe technische Intelligenz sind dort weit verbreitet. Jugendliche werden heute zunehmend übers Netz und nicht mehr auf der Straße angesprochen. Thematisch gab es eine Verschiebung zur Kritik der sozialen Lage der Gesellschaft, die in Teilen auch anschlussfähig an Theorien der Globalisierungskritik ist und durchaus auch reale Missstände der Gesellschaft aufgreift, um so rechtsextreme Ideen zu propagieren.
Bisher lässt sich zwar ein bundesweites, aber noch sehr löchriges Netzwerk der AN-Gruppen erkennen. Geländegewinne sind vor allem auf kommunaler Ebene erkennbar. Einzelne Analysen lassen hier sogar Raumgewinne erkennen (vgl. Sundermeyer/Luzar/Borstel 2011). Räumungsbewegungen sind jedoch üblicher (vgl. Born/ Andraesch 2011). Tatsächliche Normalisierungsgewinne drohen zwar vereinzelt, konnten bisher jedoch nicht empirisch einwandfrei nachgewiesen werden (vgl. Luzar 2013).
Die AN-Gruppen sind vor allem mit ihrer schwereren Erkennbarkeit und thematischen Verschiebung eine recht junge Herausforderung für die demokratische Gegenseite. Das Land NRW reagierte mit einer Verbotsreihe gegen diese Gruppen, die einerseits zu einer Schwächung einzelner Gruppen beigetragen und andererseits in anderen Orten vor allem rechtsextreme Innovation hervorgebracht hat. Im Ruhrgebiet war das Verbot der AN-Gruppen die Geburtsstunde einer neuen Partei mit dem Namen "Die Rechte". Die AN-Gruppen nutzen hier das Parteienprivileg nicht alleine, um politische Kritik zu äußern, sondern auch, um demokratische Verfahren strategisch für sich zu nutzen.
Zu beachten bei den AN ist zusätzlich die Anschlussfähigkeit an den Interessen der jungen Generation. Sie sind das rechtsextreme Modell der Zukunft, was derzeit noch im Wandel befindlich ist und neue Wege und Strategien ausprobiert. Gewalt ist den Gruppen genauso zu Eigen wie die Kenntnis und Fähigkeit zur Idee der kulturellen Subversion. Sie sind somit anschlussfähiger an neue Milieus, strategisch flexibler als der "alte" Rechtsextremismus und mit seiner Internetaffinität auch modern trotz alter Grundideologie. Somit drohen hier neue Geländegewinne, sowohl auf kommunaler als auch auf überregionaler Ebene.