Rechtspopulismus ist konstant erfolglos.
Rechtspopulismus ist ein europaweites Phänomen mit einer zentralen Ausnahme: Deutschland (vgl. Becher 2013; Langenbacher/Schellenberg 2011). Der Blick in europäische Nachbarstaaten zeigt eine Vielfalt rechtspopulistischer Modelle. In Frankreich modernisiert sich der "Front National" unter seiner neuen Führung und ist in Umfragen z. T. sogar stärkste Partei [1]. Er konzentriert sich auf die Problematisierung von Integrationsproblemen und eine gezielte Ablehnung der Europäischen Union. Ähnlich verhält es sich mit den Niederlanden und Geert Wilders. In Skandinavien gibt es hingegen eine gemäßigtere Form des Rechtspopulismus (vgl. Alm/Hess 2013). Hier dominiert ein ausgewiesener Wohlstandschauvinismus. In Österreich stellt sich der neue FPÖ-Führer Strache hingegen eher als jugendlicher Popstar dar, der sich der Verteidigung der "Heimat" verschrieben hat.
In Deutschland ist kein vergleichbares Phänomen erkennbar. Sämtliche Gründungsversuche scheiterten bisher jenseits kleinerer kommunalen Enklaven u. a. in Nordrhein-Westfalen um die sogenannte Pro-Bewegung (vgl. Häusler 2008). Die Gründe dafür sind vielschichtig. Zentral dürfte sein, dass sich derzeit keine charismatische Führerpersönlichkeit profilieren konnte. Hinzu kommt, dass bisherige Organisationsversuche meist rasch von Mitgliedern deutlich extremerer Gruppen und einer Vielzahl von skurrilen Persönlichkeiten und politisch Verwirrten bevölkert wurden. Dies schreckte potentielle Wählerschichten schnell ab.
Weitgehend offen ist noch der weitere Weg der "Alternative für Deutschland" (AfD), die auch vereinzelnd zum europäischen Lager der Euroskeptiker und Rechtspopulisten gezählt wurde (vgl. Plehwe 2014). Nach mehreren Wahlerfolgen auf Landesebene gilt sie bereits als kommende Kraft auf Bundesebene. Eine politische Einordnung als rechtspopulistisch dürfte derzeitig aber noch sehr fraglich sein und wird auch dem Phänomen nicht gerecht. Die Entstehungsgeschichte der Partei deutet eher auf eine neue Sammlung im bürgerlichen, liberalen und konservativen Lager hin, die sich aufbauend auf die Kritik am Umgang mit der europäischen Krise von der FDP und der Union nicht mehr vertreten fühlte. In ihr versammeln sich nun auch Mitglieder, deren Bezug zur Demokratie zumindest fraglich scheint. An dieser Stelle wird die AfD angesichts einer noch zu diffusen Forschungslage dem rechtspopulistischen Milieu noch nicht zugeordnet und fließt entsprechend noch nicht in die Bewertung ein.
Unbestritten ist, dass es auch in Deutschland ein recht konstantes Milieu von knapp 10 % der Bevölkerung gibt, das für rechtspopulistische Ansätze anfällig sein könnte (vgl. Klein/Heitmeyer 2012). Eine potentielle Nachfrage ist somit vorhanden, das dazu passende Angebot jedoch mangelhaft und politisch weitgehend bedeutungslos. [2]
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zeigt sich als stabiles Syndrom in der Mitte der Gesellschaft.
Rechtsextremismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit eint die Ideologie der Ungleichwertigkeit gegenüber schwachen Gruppen. Über zehn Jahre untersuchten Bielefelder Forscher um Wilhelm Heitmeyer die Entwicklung des Syndroms (vgl. Heitmeyer 2012). Natürlich variieren die Ergebnisse für Teilmomente dieses Zusammenhangs. Insgesamt zeigt sich Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit jedoch als erstaunlich stabil in der Mitte der Gesellschaft mit Ausreißern in Krisenzeiten (vgl. Borstel 201, Heitmeyer 2012).
GMF ist der gesellschaftliche Resonanzboden des Rechtsextremismus. Die Träger des Syndroms geben Rechtsextremisten z. T. ungewollt das gute Gefühl, Avantgarde einer schweigenden Mehrheit zu sein. Mit diesem Gefühl wird Gewalt legitimiert. Sie dient als Ansporn für politisches Handeln. Sie verstärkt somit einerseits die rechtsextreme Seite. Andererseits hat das Syndrom deutliche Folgen für die Opferperspektive. GMF widerspricht einer politischen und gesellschaftlichen Integration tatsächlicher und potentieller Opfer in der Mitte der Gesellschaft. Besonders problematisch ist dabei, dass sich GMF nicht alleine an den politischen Rändern, sondern auch innerhalb demokratischer Institutionen findet. Dies verhindert in Einzelfällen jedes Vertrauen der Opfer in den Rechtsstaat und die demokratische Idee an sich.