Konkretes Vorgehen in der Policy-Analyse
Was bedeuten diese sehr abstrakten Überlegungen nun für poststrukturalistische Forschungsarbeiten zu Public Policy? Für Howarth und Griggs (2012, S. 309)
besteht die zentrale Aufgabe darin, kritisch zu erklären, warum und wie eine bestimmte Policy formuliert, akzeptiert und implementiert wurde und nicht eine andere. Dies zieht eine Reihe weiterer Forschungsfragen nach sich: Unter welchen Bedingungen werden bestimmte Policy-Diskurse dominant oder hegemonial? Wie erfassen wir die Reproduktion und Transformation solcher hegemonialen PolicyOrdnungen und Praktiken? Wie erklären wir die Griffigkeit und Persistenz bestimmter Policy-Diskurse? Und wie werden diese dominanten Ordnungen in Frage gestellt?
Zweitens, bestehe für poststrukturalistische Policy-Forschung die Notwendigkeit, die Praktiken des policy-making in ihrer Relation zu weiteren gesellschaftlichen und politischen Kontexten zu betrachten. Die Analyse müsse auf verschiedenen Ebenen erfolgen, sowohl auf Ebene der Mikroprozesse einer Organisation als auch auf der Makroebene einer nationalen Regierung. Drittens, so Howarth und Griggs (2012), müsse Policy-Analyse eine kritische und normative Verpflichtung haben. Es sei die Aufgabe der Forschenden, scheinbar selbstverständliche Regime von Policy-Praktiken zu hinterfragen, indem deren spezifischen ausschließenden Logiken offenbart und alternative Deutungen vorgeschlagen werden.
Ihre Forschungsmethode bezeichnen die poststrukturalistischen Policy-Forscher als „Artikulation“, verstanden als ein In-Beziehung-Setzen von Empirie und Theorie. Diese setzt sich aus fünf Schritten zusammen:
1. Problematisierung des Gegenstands,
2. Entwicklung einer retroduktiven Erklärung (als Alternative zu deduktiven und induktiven Erklärungen),
3. Herausarbeiten von konkreten Logiken,
4. konkrete Artikulation von spezifischer Empirie und Theorie,
5. Ausarbeitung einer kritischen (und damit auch normativen und ethischen) Bewertung der Ergebnisse.
Problematisierung
Unter dem Schlagwort „Problematisierung“ geht es um die Konstruktion von Lösungen aber auch darum, wie diese durch eine bestimmte Art der Problematisierung bedingt sind. Problematisierung ist dabei in Anlehnung an Foucault definiert als „a movement of critical analysis in which one tries to see how the different solutions to a problem have been constructed; but also how these different solutions result from a specific form of problematization“ (Howarth und Griggs 2012, S. 326). Die Essex School versteht ihre Diskursanalyse als problemorientierten Ansatz, nicht als Methode, Technik oder Theorie. Der Zugriff ist problemorientiert, sollte aber nicht mit solcher Forschung verwechselt werden, die konkret zur Problemlösung beitragen möchte (Glynos et al. 2009, S. 10). „In the field of policy studies, the practice of problematization focuses on the question of problem-definition in a particular field or domain, the various problematizations of this problematization, and the efforts of an analyst to problematize these problematizations“ (Howarth 2010, S. 325).