Rechtsradikale Parteien im Europäischen Parlament – eine strategische Zwischenbilanz

Jan Philipp Albrecht und Tobias Peter

Einleitung

In beunruhigendem Ausmaße fahren Rechtsradikale [1] in allen europäischen Ländern immer häufiger Wahlerfolge ein. Der Einfluss rechtsradikaler Parteien auf die Regierungen und damit die entscheidenden Fragen der Europapolitik ist gewachsen. Regierungschefs wie Victor Orban in Ungarn nähern sich dem rechten Rand immer weiter an. Personen wie Marine Le Pen in Frankreich, Geert Wilders in den Niederlanden oder Heinz-Christian Strache in Österreich sind vielen Menschen in Europa mittlerweile ein Begriff. Doch die tatsächlichen Programme, inhaltlichen Äußerungen und politischen Aktivitäten der rechtsradikalen Parteien sind nur den Wenigsten geläufig. Dies liegt auch an den neuartigen Erscheinungen rechtsradikalen Gedankenguts. Die maßgeblichen Akteure vernetzen sich zunehmend grenzübergreifend und bedienen populistische Grundstimmungen. Das von ihnen inszenierte Bild des der eigenen Heimat und Kultur fest verbundenen Kämpfers gegen "die da oben in den etablierten Parteien und in Brüssel" bekommt durch die fortschreitenden globalisierten Krisenmomente immer mehr Zulauf. Die rassistischen und menschenfeindlichen Untertöne werden dabei schnell überhört. Doch in den Köpfen und an den Stammtischen bleiben sie hängen.

  • [1] Der Begriff Rechtsradikalismus folgt in diesem Beitrag einer Defi tion von Michael Minkenberg, nach der es sich bei "Rechtsradikalismus um eine politische Ideologie [handelt], die um den Mythos einer homogenen Nation kreist – ein romantischer und populistischer Ultranationalismus, der der liberalen, pluralistischen Demokratie mit ihren grundlegenden Prinzipien des Individualismus und Universalismus feindlich gegenübersteht. Die Exklusionskriterien im rechtsradikalen Diskurs können auf ethnischer Zugehörigkeit, Kultur, Religion und/oder dem Geschlecht beruhen […]" (Minkenberg 2013: 11 f.). Vgl. hierzu auch Minkenberg (1998: 29 ff.; 2011: 113), Minkenberg/Perrineau (2007: 30), Kowalsky/Schroeder (1994: 15 ff.) und Mudde (2007: 25 f.).
 
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