Der investitionsmotivierte Kunstkäufer

Wie bereits erläutert, ist zeitgenössische Kunst weltweit zu einem monetären Gut mit einem Wertsteigerungspotenzial geworden. Diese Erkenntnis spricht daher kunst-interessierte Menschen an, die vorrangig Kunst als ein alternatives Investment begreifen. Dass heutzutage Kunst eine Rendite mit sich bringt, macht die Verlockung für einen bestimmten Personenkreis umso größer, auf dem internationalen Kunstmarkt Werke zu kaufen und mit diesen zu spekulieren. [1]

Insbesondere bei jüngeren Käufern besteht ein wachsendes Bedürfnis, Kunst der gegenwärtigen Zeit zu erwerben. Dabei handelt es sich um einen jungen und neureichen Typus eines Sammlers, der sich in schneller Reihenfolge für die unterschiedlichsten Künstler und Kunstrichtungen interessiert. [2] Das folgende Zitat betont geradezu, dass es beim Besitz von zeitgenössischer Kunst einer bestimmten Klientel nicht um die Kunst selbst, sondern um den Preis geht:

„Or a collector enters a friend's home, views with disbelief a Warhol tornlabel Campbell's soup can silkscreen on the wall and thinks, not 'You have cutting-edge taste', but 'You have a lot of money.'“ [3]

Diese Käuferklientel verdient ihr Geld in selbstständigen Unternehmen oder in der Finanzdienstbranche. Sie ist vor allem von den seltsam vertrackten ökonomischen Prinzipien des Kunstmarkts fasziniert. Manche Käufer begreifen Kunst auch nur als eine andere Form von Geld.

Diese investitionsmotivierten Käufer fühlen sich der Kunst häufig weniger verbunden als die beschriebenen leidenschaftlichen Kunstsammler. Für sie sind die Titel und Etiketten, die Auflistung der früheren Ausstellungen und Reproduktionen in Katalogen und Bildbänden ausschlaggebend für einen Kauf. Denn diese Kriterien sind für den zukünftigen Wertzuwachs relevant. [4] Bei einem Auktionsgebot steht weniger die Aussage des Kunstwerks im Vordergrund, sondern das Erlebnis Finanzkraft zeigen zu können. [5] Diejenigen, die Höchstpreise für zeitgenössische Kunst zahlen, sind international vernetzt und wissen, wer die großen Künstler der Zeit sind. [6] Dabei geht es um die geltenden Geschmackskonventionen. Wer dazu gehören möchte, kann auf den Erwerb eines Kunstwerkes von Warhol, Twombly, Richter, Kiefer, Gursky, Hirst, Koons, Rauch und Doig nicht verzichten. Für die investitionsmotivierten Kunstkäufer erzielen Werke dieser Künstler einen Mitnahmeeffekt – eine Möglichkeit finanzielle Gewinne zu realisieren. Denn Kunst zu verkaufen, war noch nie so einträglich, wie in den letzten Jahren. Insbesondere, wenn es sich um Hauptwerke aus dem Pool der stets gleichen 100 Künstlern handelt. Diese werden als Blue Chip Künstler bezeichnet und bestimmen regelmäßig die Abendauktionen der führenden Auktionshäuser. Für diese Lose ist der persönliche Geschmack nicht ausschlaggebend. Die marktrelevanten Eigenschaften, wie die kunsthistorische Bedeutung, der klare Wiedererkennungswert, die Marktfrische und die Provenienz der Kunstwerke sind ausschlaggebend für einen möglichen Wiederverkauf mit Gewinn. [5]

Für einige Käufer und Kunstberater gilt Kunst als ein stabiles Investment. Insbesondere in Zeiten der weltweiten Finanzkrise liefert der reale Gegenstand im Gegensatz zu einer Aktie Stabilität und Vertrauen. Allerdings sind Kunstwerke abhängig von Moden und Geschmack. Zudem sind Transaktionskosten beim Kauf und Verkauf sowie Versicherungskosten einzukalkulieren. Zu einer empfehlenswerten Anlageform lässt sich nicht jedes Kunstwerk zählen. [8] Es gelten die Kunstwerke als inflationssicher, die bereits einen kunsthistorischen Wert erlangt haben. In der Regel liegen die Preise dieser Blue Chip Kunstwerke mindestens in einem sechsstelligen Preisgefüge.

  • [1] Vgl. Til u. von Wiese 2007, S. 11; Lewis 2011, S. 83.
  • [2] Vgl. Lindemann 2011, S. 232; Hollein 1999, S. 118.
  • [3] Thompson 2008, S. 196.
  • [4] Vgl. Boll 2009, S. 58 f..
  • [5] Vgl. Schreiber 2009, S. 68.
  • [6] Vgl. Raue 2009, S. 29.
  • [7] Vgl. Schreiber 2009, S. 68.
  • [8] Vgl. Oberhuber 2011.
 
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