Die Trägerschaften und Organisationsformen öffentlicher Museen

In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Trägerschaften vorgestellt, in denen sich die öffentlichen Museen für zeitgenössische Kunst befinden können bzw. von denen sie finanziert werden. Es wird erläutert, welche Organisationsformen für die öffentlichen Kunstmuseen geeignet sind. Einerseits werden stets viele der deutschen Museen in traditionellen Einheitsmodellen in öffentlich-rechtlichen Organisationsformen geführt. Andererseits sind durch den Reformwandel des NPM einige Museen in privat-rechtliche Organisationsformen umgewandelt worden. Als eigenständige Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit werden die Museen getrennt von ihrem finanziellen Träger geführt (Trennungsmodell). Inwieweit der Aspekt der Gemeinnützigkeit bei der Wahl der Organisationsform relevant ist, wird abschließend erläutert.

Die staatliche Kunstund Kulturförderung

Die Freiheit der Kunst ist ausdrücklich im Grundgesetz im Art. 5 Abs. 3 GG verankert und ist für das kulturelle Leben von hoher Bedeutung. Die Kunstfreiheit schützt überwiegend natürliche Personen, insbesondere Künstler sowie auch Kunstvermittler (personeller Schutzbereich). [1] Grundsätzlich gelten Grundrechte als Garantien des Bürgers und stellen Abwehrrechte des Bürgers gegen den Staat dar. [2] Die Kunstfreiheit ist „eine objektive, das Verhältnis des Bereiches Kunst zum Staat regelnde wertentscheidende Grundsatznorm.“ [3]

Dadurch werden Kunst und Kultur vor Eingriffen des Staates, auch gegen gesellschaftliche Freiheitsminderungen, geschützt. [4]

Eingriffe in die Kunstfreiheit sind staatliche Verbote und strafrechtliche und zivilrechtliche Sanktionen. Auch können Einschränkungen der künstlerischen Freiheit durch Strafurteile, Verurteilungen zum Schadensersatz, staatsanwaltliche Maßnahmen Eingriffe in das Grundrecht darstellen. Ebenso liegt ein Eingriff in die Kunstfreiheit vor, wenn der Schutzbereich verkürzt wird, beispielsweise wenn nur einzelne Teile und nicht das Gesamtkunstwerk beachtet werden. [5]

Art. 5 Abs. 3 GG enthält keinen geschriebenen Gesetzesvorbehalt, sodass die Kunstfreiheit grundsätzlich nicht einschränkbar ist. Eingriffe in die Kunstfreiheit können aber zum Schutz anderer verfassungsgeschützter Rechtsgüter (Grundrechte Dritter oder Rechtsgüter mit Verfassungsrang) gerechtfertigt sein, beispielsweise bei Verletzung der Menschenwürde oder des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. [6]

Der Schutzbereich der Kunstfreiheit ist durch ein oft benanntes Problem gekennzeichnet. Die Freiheit der Kunst ist gesichert, doch kann der Inhalt durch die Verfassung nicht allein definiert werden. Der Jurist kann nicht definieren, was Kunst und Nichtkunst darstellt. [7]

Die Kunstfreiheit gilt als die wichtigste Quelle für die Kulturstaatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland, die Staat und Kunst eng zusammenhält. In der Rechtswissenschaft und Rechtsprechung wird die Kunstfreiheit überwiegend zur Begründung und Strukturierung der staatlichen Kulturförderung herangezogen. [8] Die Interpretation des Art 5. Abs. 3 GG als kulturstaatliche Staatszielbestimmung ist umstritten, da dieser Artikel keine kulturstaatliche Verpflichtung enthält. Die kulturstaatliche Verpflichtung, die sowohl die Länder als auch den Bund betrifft, wird aus den einschlägigen Normen der einzelnen Landesverfassungen abgeleitet. Beispielsweise verpflichtet die Landesverfassung Nordrhein-Westfalen in Art. 18 Abs. 1 Land und Gemeinden, Kultur, Kunst und Wissenschaft zu pflegen und zu fördern. Durch diese verfassungsrechtliche Pflicht zur Kulturstaatlichkeit prägen die Länder das Verfassungsbild der Bundesrepublik mit, wodurch sich zwangsläufig die Kulturstaatlichkeit des Gesamtstaates ergibt. [9] Demnach gehören Staat und Kultur eng zusammen.

Bereits im Mephisto Beschluss[10] hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG eine objektive wert-entscheidende Grundsatznorm im Verhältnis zwischen Kunst und Staat enthalte. Der Staat versteht sich im Sinne der Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat und macht es sich zur Aufgabe, Kunst zu erhalten und zu fördern. Der Staat hat damit die Kunst zu schützen. Zudem differenzierte das Bundesverfassungsgericht im Mephisto Beschluss zwischen Werkund Wirkbereich. Beide Teile werden in dem Schutzbereich umfasst und bilden eine Einheit. Das künstlerische Schaffen, die künstlerische Betätigung, die Arbeit im Atelier oder die Kunstausübung stellen den Werkbereich dar. Darüber hinaus wird der Wirkbereich geschützt, d.h. die Darbietung, Veröffentlichung, Vervielfältigung und Verbreitung eines Kunstwerks durch Kunstvermittler wie beispielsweise Museumsdirektoren und Kuratoren. Dieser Wirkbereich ermöglicht den öffentlichen Zugang zur Kunst. Diese Einheit von Werkund Wirkbereich bezweckt, dass Kultur möglichst vielen Bürgern zugänglich gemacht wird. [11] Ferner kann daraus abgeleitet werden, dass der Staat eine objektiv-rechtliche Aufgabe zur Kunstpflege und Kunstförderung inne hat. Dabei handelt es sich jedoch nicht um einen Anspruch auf Kulturförderung. Der Staat hat bei Fördermaßnahmen lediglich die Eigengesetzlichkeiten der Kunst zu wahren und nicht die Aufgabe, zwischen Kunst und Nichtkunst zu unterscheiden. Die Schwierigkeiten liegen hierbei in der Frage, ob die Art des Umfangs und der Grenzen der Förderung angemessen sind und in der Kompetenzfrage. Aus dieser objektiven Förderungspflicht lassen sich jedoch keine subjektiven Ansprüche eines einzelnen

Künstlers ableiten. [12]

Dieser Kulturauftrag wird über die jeweiligen Rechtsträger – dem Bund, den Ländern und den Kommunen – erfüllt. Die öffentlichen Museen werden einem Rechtsträger mit Vermögen, Forderungen und Verbindlichkeiten zugeordnet. Diese Dreiteilung und Zuständigkeiten lassen sich anhand der bereitgestellten Mittel für die Museumsbetriebe exemplarisch ablesen.

Abbildung 3.2: Staatliche Ausgaben für Museen, Sammlungen und Ausstellungen im Jahr 2009, insg.

1.6 Mrd. EUR

Wie in dem Kreisdiagramm Abbildung 3.2 dargestellt, wurden laut des jüngsten Kulturfinanzberichts für die Finanzierung von Museen, Sammlungen und Ausstellungen 1.6 Mrd. Euro im Jahr 2009 ausgegeben. Dabei handelt es sich um 18% des Gesamtetats von 9.1 Mrd. Euro, die für Kultur in Deutschland ausgegeben wurden.[13] Für 2010 sahen die Haushaltsplanungen Kulturausgaben in Höhe von 9.6 Mrd. Euro vor. [14] Anhand dieses Kreisdiagrammes lässt sich erkennen, in welchem Verhältnis der Bund, die Länder und die Kommunen als Träger und Finanzierer der Museumseinrichtungen fungieren. So findet die staatliche Kulturförderung im Sinne einer Kulturfinanzierung in erster Linie auf der Ebene der jeweiligen Träger statt, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.

  • [1] Vgl. Hufen 2011, S. 829; Hufen 2007, S. 539; Lynen 2013a, S. 71.
  • [2] Vgl. Lynen 2013a, S. 75.
  • [3] BVerfG 30, 173 (188); Hufen 2011, S. 802.
  • [4] Vgl. Fechner 2010, S. 530.
  • [5] Vgl. Hufen 2007, S. 541
  • [6] Vgl. Hufen 2011, S. 838 ff..
  • [7] Vgl. a.a.O., S. 810; siehe auch Stern 2011, S. 621; Lynen 2013a, S. 69.
  • [8] Vgl. Stern 2011, S. 652; Fechner 2010, S. 536 f.; Lynen 2013a, S. 68.
  • [9] Vgl. Mößle 1999, S. 21; Palm 1997, S. 129.
  • [10] BVerfG 30, 1973.
  • [11] Vgl. Stern 2011, S. 625, 632 ff.; Lynen 2013a, S. 73 ff.; 81 ff.; Hufen 2011, S. 817; 857; Schölzig 2006, S. 99; siehe auch ähnliche Grundlagen der Kulturförderung in der Schweiz Uhlmann u. a. 2009, S. 141 ff..
  • [12] Vgl. Hufen 2011, S. 860; Hufen 2007, S. 546 f.; Stern 2011, S. 654 ff.; Fechner 2010, S. 570 f.; siehe auch Schölzig 2006, S. 109.
  • [13] Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2012, S. 26; 51 Der Kulturbereich umfasst nach der vom Statistischen Bundesamt zugrunde gelegten Abgrenzung die Aufgabenbereiche Theater, Musikpflege, wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Bibliotheken und Museen, Denkmalschutz und -pflege, Auswärtige Kulturpolitik und Sonstige Kulturpflege, Kunsthochschulen sowie die Verwaltung für kulturelle Angelegenheiten.
  • [14] Vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder 2010, S. 28.
 
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